TIZIAN
UND ARETIN.
CAP.
Padm, in Padua erhalten. Vielleicht ist dieses interessante Werk die
Original-Studie zu dem mit so viel diplomatischer Berechnung nach
Mantua gesandten Bilde. Durch die Zeit geschwärzt, mit einer
durch Alter und Uebermalung in schmutziges Olivengrün ver-
wandelten Carnation, ist das Gemälde so beschädigt, dass Graf
Giustiniani es unter Tintorettds Namen katalogisieren konnte.
Es stellt aber zweifelsohne Aretin als jungen Mann dar, mit
schöner Adlernase und grossen oifnen Augen, in dunklem Wams
und gleicher Schaube mit weissem spitzenbesetzten Kragen, der
unter dem wohlgepflegten schwarzen Barte sichtbar wird. Das
dichte lockige Haar ist so geordnet, dass es die runde, aber etwas
schmale Stirn sehr vortheilhaft abschliesst. Es wurde gewagt
sein, wollte man behaupten, dass dieses Bild, wie es ist, wirklich
von Tizian herrühre; jedenfalls ist die Ausführung sehr sorgfältig
und die Ruine mag immerhin noch Spuren von der Hand des
Meisters tragen. Ueberdies kann weit eher Tizian als Tintoretto
den Aretin in jungen Jahren gemalt haben. Interessant ist auch,
dass ein Stich, den Hollar dem Tizian zuschreibt, ganz. denselben
Kopf mit einem malerischen Hut zeigt, wie ihn vielleicht das
Mantuanische Bild besessenfß
Tizian und sein neuer Kumpan zeigten sich ziemlich unge-
duldig in ihrer Erwartung von der Dankbarkeit des Markgrafen.
Schon am 6. August schrieb Aretin an Federigo Gonzaga und
bat ihn, "er wolle des Versprechens eingedenk sein, das er
Tizian auf Anlass des ihm im Namen des Malers überreichten
Bildnisses gegeben"? Hierauf erfolgte das nachstehende lako-
nische Schreiben:
Federigo Gonzaga
"Ich werde nicht
an Pietro Aretin in Venedig:
vergessen, Tizian Beweise meiner
Dank-
16 Hollafs Stich ist gegenseitige Oopie einer sehr vernutzten Kupferplattc Marc-
anton's, welche sich im Kupferstichkabinet zu Berlin befindet. Mit welchem Grunde
Hollar dieses Porträt dem Tizian zuschreibt, ist nicht erfindlich; es sieht wie Copie
nach Giulio Romano aus, enthält das Epigramm, welches wir am Anfang dieses Capitels
mitgetheilt haben und dazu die Unterschrift: "Titianus pinxit, V. Hollar fecit 1647."
17 Aretin an den Markgrafen, Venedig, 6. August 1527 in den Lettere di
P. Aretino I. S. 13.