TIZIAN
UND
ARETIN.
Gönner in Rom war. In Welcher Eigenschaft er dem berühmten
Kaufmanne diente, ist nicht bekannt, auf irgend eine Weise ge-
wann er aber seinen Unterhalt und machte sich gleichzeitig dem
Banquier und dessen vornehmen Kunden, Leo dem X. und Clemens
dem VII. nützlichf Aretin lernte in Ohigiis Diensten den Sansovino,
Sebastian del Piombo, Marcanton und Giulio Romano kennen. Es
ist ein charakteristisches Zeichen für den Geist, der wenigstens
unter Einigen dieser Künstler herrschte, dass Zeichnungen Giulio
Romano's, welche Marcanton in Kupfer stach und zu denen
Aretin den geeigneten Text lieferte, selbst am Hofe eines Clemens
für so unanständig galten, dass wenigstens der Stecher, wenn
auch nicht der Stichler, dafür ins Gefangniss gesteckt wurde.
Giulio entging dem gleichen Schicksale nur dadurch, dass er in
den Dienst des Markgrafen von Mantua trats; Aretin's Theilnahme
blieb lange genug verborgen, um es ihm zu ermöglichen, für
Marcanton die Verwendung des Kardinals Ippolito de' Medici zu
gewinnen. Als sich dann später der Verdacht auch auf ihn lenkte,
floh er nach Arezzo, von wo er i. J. 1524 seinen Weg in das
Lager des grossen Bandenführers Giovanni de' Medici fand, dessen
einziger Sohn später Herzog von Florenz wurdeF Die Beziehungen
zwischen Giovanni „delle bande nere" und Aretin liegen so klar
wie man nur wünschen kann." Es steht fest, dass er von 1524
bis 1526 Privatsekretär des Mediceers war, dass er in enge Be-
rührung mit Giovanni's Freunden, den Vitelli, den Rovere, Guic-
ciardini und Gonzaga und damit in den Besitz vieler Geheimnisse
dieser und anderer leitender Persönlichkeiten gelangte." Er machte
sich ihnen als Depeschenschreiber nützlich und verfasste zahlreiche
Briefe, von denen eine Anzahl veröffentlicht ist. Aus diesen geht
hervor, dass er die politischen Geschäfte seines Herrn führte, nach-
dem dieser die Kaiserlichen verlassen, um sich der französischen
L
5 Mazzucchelli 21.21.0. S. 14, 15. ß "Vasari, Leben Marcantoxfs IX. S. 27T.
7 Mazzucchelli a. a. O. S. 16 und Lettere di P. Aretino I. S. S.
s s. den Brief Aretixfs an G. A. Boccamazza in den Lettere di P. Arctino
III. S. 172.
9 Lettern scritte a Pietro Aretino, nach der ersten Ausgabe des Mareolini v. J.
1551 neu gedruckt durch Landoni, Bolognä 1373, vgl. S. 1-8.