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TIZIAN UND DIE GONZAGA. CAP. VIII.
Bild des "Petrus llrlartyl" verdunkelt, welches vermöge seines
dramatischen Inhalts mehr packte und gleichzeitig einige in die
Augen fallende Wandlungen in Tizian's Kunstentwickelung vor
Augen stellte. Paolo Veronese vertiefte sich in beide Werke gleich-
mässig und schuf u. A. in seiner "Anbetung der Jungfrau" in der
venezianischen Akademie ein Gemälde, das äusserlich nach dem
Vor-bilde der „Mad0nna der Pesari" concipiert ist, wie es auch
dieselbe Ausstattung an Architektur und kirchlichen Paramenten
aufweist, aber mit einerbei Tizian undenkbaren Unhgeschicklich-
keit dreht hier der jugendliche Johannes gerade in der Mitte des
Bildes dem Beschauer den Rücken zuq"
Für Neuerungen in der Darstellung kirchlicher Gegenstände
gab es damals keinen günstigeren Boden als Venedig, wo eine in
anderen Städten völlig unbekannte Freiheit des Denkens und der
Meinungsäusserung herrschte. Tizian selbst benutzte diesen Vor-
theil zu unzähligen Variationen, aber der Takt, mit dem er dabei
verfuhr, erbte sich leider nicht auf seine Nachfolger fort, von
denen z. B. gerade Paolo Veronese einmal wegen der Ketzerei
seiner künstlerischen Licenzen vor die Inquisition geladen und
scharf zurecht gewiesen wurde er der sich später bei einer
Procession durch Erkältung den Tod geholt hat.
42 Venedig, Akademie N0. 519: Maria mit Kind und Joseph,
Franciskus, der Johanncsknabe und Hieronymus.
unten Katharina,