CAP.
VIII.
DES
BILDNISSE
GRITTI
ANDREA
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war dieser Raum doch ursprünglich mit Darstellungen aus der
Legende des Papstes Alexander ausgemalt gewesen, wurde aber
seit einer gründlichen Restauration in den Jahren 1505-6 ohne
Bilderschmuck gelassen?) Als sich dann im Mai 1524 die Noth- .
Wendigkeit weiterer Reparaturen herausstellte, beschloss Andrea
Gritti, das ganze Innere in möglichst prächtiger Weise zu erneuern.
Den Altar liess er mit einem Marmor-Relief schmücken, die Aus-
führung der Fresken übertrug er dem Tizian: in der Lünette über
dem Altar die Jungfrau mit dem Kinde zwischen Nikolaus und
dem knieenden Dogen, rechts und links vom Altar die vier Evan-
gelisten, und über der Eingangsthür den heiligen Markus auf maje-
statischem Löwen sitzend." Leider ist der ganze Freskenschmuck
und damit eins der wenigen Zeugnisse dieser Art von Tizian's
damaliger Kunst untergegangen, was umso bedauerlicher ist, da
er, wie es scheint, ausser den piiichtmässig zu liefernden Bild-
nissen in der angedeuteten Zeit überhaupt nicht viel geschaden
hat, was man der Erinnerung werth hielt. 3'
Ohne Zweifel sass Gritti zu dem Bildniss, welches Tizian
seiner Gewohnheit gemäss für sein Studio anfcrtigte, und wohl
auch zu den übrigen ,-die ausdrücklich erwähnt sind, namentlich
demjenigen im Saale des Grossen Rathes, das bei der Feuers-
brunst von 1577 zu Grunde ging. Es ist sehr zu bedauern, dass
das bildliche Gedächtniss dieses heroischen Dogen so übel bestellt
ist. Eine dem Grafen Sebastian Giustiniani-Barbarigo in Padua Padua,
gehörige Studie stimmt in Marterial, Behandlung und Maass-Stab
mit dem schon früher erwähnten Bildniss des Antonio Grimani
in derselben Sammlung überein. Die feine Textur des Tuches,
dünner Prima-Auftrag und weiche Farbeniiäche sind besonders
auffallend. Der von weissem Schnurr- und Backenbart umrahmte
Kopf ist leicht nach rechts gewendet, das rothe Gesicht voll be-
leuchtet, die Hand ruht unbeschäftigt. Der Herzogshut von weisser
29 Lorenzi a. a. O. S. 131. Die Renovation hatte Giorgio Spavcxlta gemacht.
3" vgl. Boschini, Ricche min. Sest. S. Marco S. 54; Ridolfi I. S. 216, San-
sovino, Ven. descr. ed. hiartinioni S. 321.
31 Die Fresken waren erst überweisst worden und dann i. J. 1797 die ganze
Mauerverkleidung der Kapelle abgeschlagen; s. Zanotto, Nuovissimo guida S. 126.