Volltext: Tizian (Bd. 1)

234 TIZIAN UND uns GONZAGA. 
CAD 
VIII. 
zehnten Jahrhundert aus dem Palaste der Gonzaga in die Samm- 
lung Karl's des I. über-gegangene, seit Ludwigs des XIV. Zeit in 
der französischen Staatsgalerie prangende „Grablegung". 
Freilich hält diese „Grablegung" in Bezug auf die Anord- 
nung und den Rhythmus der Linien keinen Vergleich mit RaiaePs 
Behandlung desselben Gegenstandes aus, ist abe1' für Tizian 
ein sehr charakteristisches Bild. Es lässt sich zwar nicht leug- 
nen, dass keine der Figuren vollständig das erfüllt, was sie zu 
versprechen scheint und dass in der Handlung einer jeden mehr 
conventionelles Wesen als volle Naturtreue liegt; trotzdem wird 
der Eindruck, den das Gemälde als Ganzes hervorbringt, grösser 
sein, als der des Bildes der Borghesischen Galerie. Der Grund 
liegt ohne Zweifel in dem überraschenden Reichthum an Form 
und Ausdruck, in dem fein empfundenen Gegensatz der in vollem 
Licht gesehenen Köpfe gegen den manigfach abgetönten dunklen 
Hintergrund, und endlich in dem Zauber des Farbenspiels, 
das über die ganze Fläche geheimnissvoll verbreitet ist. Nico- 
demus und Joseph von Arimathia sind die Träger der hei- 
ligen Last; der dahinter stehende Johannes hält nur den rech- 
ten Arm. Diese drei Figuren bilden die in pyramidalem Auf- 
bau componierte Hauptgruppe, die zur Linken befindlichen 
Gestalten der beiden Marien sind eigentlich nur ein glänzendes 
Ausstattungsstück. Der Leichnam Christi ist in ein Tuch ge- 
schlagen, welches Nicodemus unter der Hüfte des Todten gefasst 
hat, während auf der anderen Seite Joseph von Arimathia die 
Kniekehlen umschlingt; Jener, vom Rücken gesehen, in blutrothem 
reich gemustertem Obergewand mit grünem Futter und braunen 
Aermeln, beugt sich zu seiner Last nieder, Joseph in tiefgrünem 
Rock mit aufgestreiften Hemdärmeln kniet mit einem Bein auf 
den Stein und gibt dem Leichnam die Richtung nach dem Grabe 
hin; der Evangelist folgt ihren ziemlich heftigen Bewegungen 
und blickt schmerzerfüllt "in die Höhe. Links hinter den Männern 
sehen wir Maria in blauem Mantel mit gefalteten Händen, zum 
Theil von dem sie stützenden Arme Magdalena's aufrecht ge- 
halten, deren gelbes Gewand und herabwallendes Haar im Winde 
flattern. Einzeln betrachtet ist jede dieser Figuren in lebhafter
	        
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