Volltext: Tizian (Bd. 1)

E 
ÄNERKE 
ERSTEN 
JAHRE 
NACH 
1520. 
CAP. 
VII. 
Evsland. in Londonw, eine zweite in Dudley Housei", eine dritte im Fitz- 
william-Museum in Cambridge", während Varietäten mit einem 
"Dresden- Amor zu den Füssen der Venus, der ihre Hand mit einem Pfeil 
ritzt, in Dulwich und in Dresden vorkommen." Ein etwas ab- 
weichendes Exemplar, mit etwas anderer Lage der Hauptfigur 
und veränderter Landschaft, im siebzehnten Jahrhundert in der 
Sammlung Tassis in Venedig, wurde 1682 von Lefebre gestochen. 
London, Schliesslich erscheint denn auch die schöne "Venus mit der 
 Muschel" als reifstes Erzeugniss dieser Periode auf demselben 
Gebiet. Das Motiv bot volle Gelegenheit, die Verbindung moder- 
ner Lebensti-eudigkeit mit antikem Formensinn zum Ausdruck zu 
bringen, da es keinerlei Hintergedanken zulässt. Venus Anadyo- 
mene, neugeboren aber voll erblüht dem Meere entsteigend und 
ihr Haar ausringend, hatte auch dem Apelles zum Vorwurfe ge- 
dient. Dem Genius der Antike vermochte Tizian hier jedoch nicht 
beizukommen. Er schuf im besten Falle eins jener Gemälde, 
welche im Aeussern an die griechische Kunst erinnern, ohne von 
 ihrer erhabenen Reinheit erfüllt zu sein. Die Göttin der Schön- 
heit steht nackt im Meere, das ihr bis über das Knie reicht, eine 
Muschel treibt auf der Oberfläche des Wässers; der rechte Arm 
ist erhoben, um das lange Haar zu halten, dessen Wogen sie mit 
der Linken glättet; während der Körper nach links gewendet ist, 
39 Apsley House, auf Leinwand, Wiederholung des Darmstädter Bildes; unter 
Tizian's Namen, aber nur einem Venezianer seiner Schule angehörig. 
40 Leinwand, kleiner als das vorige, Copie von bolognesisphem Vortrag, aber 
unter Tizian's Namen. Im Vordergrund links ein Hündchen. 
4' Fitzwilliam-Museum N0. 38: Copie der Venus von Darmstadt, mit einem 
Hündchen, Leinwand, dem Padovanino zugeschrieben, dessen Stil es auch trügt. 
42 In der Galerie zu Dulwich liegt Venus, wie in den obigen Bildern, auf 
weissem Linnen vor rothem Vorhang innerhalb eines Gehöftes, das links durch eine 
Terrassen-Rampe geschlossen ist, hinter weleher die Landschaft sichtbar wird. Ein 
geiitigelter Cupido sticht ihre Hand mit dem Pfeil. Hier erkennen wir nicht den 
Vortrag Tizian's, sondern eines Malers aus der Schule des Bassano und Tintoretto. 
 Das Exemplar in Dresden (Galerie N0. 236, Leinwand, h. 1,08 M., br. 1,74 M.) 
zeigt Venus ebenfalls auf weissem Linnen vor rothem Vorhang liegend; der hin- 
zlfgemgte Cupido war dermaassen verdorben, dass man ihn übermalt hat. Das Bild 
wird nicht ohne Bedenken dem Sassoferrato zugeschrieben.  Es ist bemerkenswerth, 
dass ein Exemplar der eben geschilderten Fassung sich unter Tizian's Namen in 
germlSoaimmlung der Königin Christine befunden hat (s. Campari, Raee. di Cat.
	        
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