CAP. VII. "BACCHUS UND ARIADNE".
LONDON.
E
den Weg abzuschneiden." Ein junger Faun schreitet lustig neben
dem Bade des Götterwagens her, den Kopf eines Stieres am
Strick nachschleppend und von einem Hunde angebellt. Hinter ihm
umwindet sich ein Satyr mit Schlangen, ein anderer, mit Wein-
laub bekranzt, trägt Ochsenbcin und Thyrsus, ein dritter hat ein
Gefäss auf den Schulternfß Neben ihnen her laufen zwei Mänaden
mit Tamburin und Cymbel, dahinter ein hornblasender Satyr."
Weiter hin unter den Bäumen sitzt Silen hilflos auf seinen Esel
gelehnt. Der larmende Zug kommt aus einem, die rechte Hälfte
des Gemäldes bildenden Hain, während links zwischen Bacchus
und Ariadne ein grosses Stück Küste sichtbar ist. Das steile Vor-
gebirge mit einem Thurme darauf spiegelt sich in der tiefen Blaue
des aegeischen Meeres, auf welchem das Fahrzeug des Theseus
hinwegsegelt, und hoch oben über Ariadne's Haupt glänzt die
Sternenkrone an dem mit Silberwölkchen besäten Himmel. "i
Das Bild gehört zu den Gemälden, die Niemand vergessen
kann, der sie einmal gesehen. Für den überwältigenden Eindruck,
den es auf Vasari machte, spricht der Umstand, dass es bei ihm
die Erinnerung an Bellini's Bacehanal völlig auslösehte, sodass
er, als er dieses (jetzt in Alnwick befindlich) zu beschreiben
hatte, unwillkürlich das andere schildert. Das Studium des
Classischen, welches den Meister in seinem vorhin erwähnten
Sebastian von Brescia über die Grenzen des Möglichen hinauszu-
gehen verleitete, dient hier nur einer neuen Vervollkommnung,
und wir bemerken jetzt, wie viel vom Geiste der Antike in einem
15 „At parte ex alia iiorens volitabat Jacchos,
Cum thiaso Satyrorum et Nysigenis Silenis,
T0 quaerens, Ariadna, tuoque incensus amore."
(Catulli Carminum Lib. LXIV. Epith. Pel. et Thetidos v. 252 H.)
16 „IIOrun1 pars tecta quatiebant cuspide thyrsos,
Pars e diwlso jactabant nlcmbra juvenco,
Pax-s sese tortis serpentibus incingebant." (Ebenda v.
17 „Plangebaut aliae proceris tympana palmis
Aut tereti tenues tinnitus aere ciebant,
Multi raucisonos efiiabant cornua bombos." (Ebenda)
18 "Ex Ariadncis aurca temporibus
Fixa corona
(Catull, Carm. Lib. LXVI. Coma Berenices v. 60, ül.)
19 Vasari XIII. 23.
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