Volltext: Tizian (Bd. 1)

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VII. 
"BACCHUS UND ARIADNE". 
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liefern. Eine nochmalige Attacke des unermüdlichen Tebaldi hatte 
nur den Erfolg, dass Tizian sich ermuthigt fühlte, den Herzog 
um eine Gunst zu bitten. Sein Freund Niccolo de' Martini, liess 
er merken, sei leidenschaftlicher Jäger und wünsche dann und 
wann einen Tag an den nördlichen Ufern des P0 dem edlen 
Waidwerk obliegen zu dürfen. Der Herzog möge doch die Gnade 
haben, dies zu gestatten, als Erkenntlichkeit dafür werde er auf 
des Herzogs Leinwand die beiden besten Figuren malen, deren 
sein Pinsel fähig sei. Tebaldi kannte indess seinen Herrn zu gut, 
um diese Angelegenheit auch nur gegen ihn zu erwähnen; er be- 
handelte Tizian's Vorschlag, wie billig, als eine Ausflueht und 
mahnte ihn, ernsthaft an den Besuch in Ferrara zu denken, wo- 
rauf der Künstler zu den vielen Versprechen, die er nie zu hal- 
ten beabsichtigt hatte, ein neues hinzufügte, sodass Alles beim 
Alten blieb. 
Im August riss dem Herzog die Geduld und Tebaldi über- 
setzte nach seiner Gewohnheit den Zorn des Serenissimus in 
Drohungen. Er ging in Tizian's Atelier und starrte auf die grossen 
Theils noch leere Leinwand. Der von Thieren gezogene Wagen 
war darauf sichtbar, auch zwei Figuren vollendet, das Uebrige 
aber, mit Einschluss der Landschaft, gar nicht einmal angefangen. 
Dem ungeachtet erklärte Tizian, das Bild könne in vierzehn 
Tagen fertig sein. Nach einigem Hin- und Widerreden, wobei 
Tizian sein Bedauern ausdrückte, sich das Missfallen seines Pa- 
trons zugezogen zu haben, kam man überein, dass die Leinwand 
im October abgeliefert werden solle, und Tebaldi schlug vor, Tizian 
möge sie alsdann selber nach Ferrara bringen. Unter den ob- 
waltenden Umständen erachtete es dieser aber seiner Sicherheit 
halber doch tiir rathlich, einen Geleitsbrief für die Reise zu er- 
halten. Tebaldi scheint dies für eine Schmeichelei gegen Alfonso 
gehalten zu haben, denn er theilte es dem Herzog mit als einen 
Beweis, dass Vecelli seine Ungnade fürchte. Er wiirzte den Be- 
richt mit einer Reihe von Tizian's gewöhnlichen Versicherungen, 
dass er von Niemandem Bestellungen annehmen werde, selbst 
nicht von „Dommenedio", bis er des Herzogs Bild vollendet habe. 
Trotzdem verlief der halbe October, ohne dass Tizian die Arbeit
	        
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