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WERKE
DER
ERSTEN
JAFE
NACH
1520.
E
VII.
stattete Tkizian nicht, ihn noch bei Lebzeiten in dem üblichen
Votivbilde darzustellen. Die lange Zeit aber, die bis dahin ver-
ging, hatte der Erscheinung des Mannes eine historische Prägnanz
verliehen. Erst i. J. 1555, als Francesco Venier den herzoglichen
Stuhl bestieg, erwies man ihm endlich die vorenthaltene Ehre.
Damals trat die Erinnerung an seine Verdienste und seine Ver-
gehen in einer Weise hervor, die dem Künstler die Füglichkeit
gab, ihn als Märtyrer aufzufassen, dessen Leiden durch Kelch
und Kreuz versinnlicht zu werden verdienten.
Inzwischen war das Altarbild für Averoldo vollendet und
i. J. 1522 an den Besteller abgeliefert worden. Nach kurzer Zeit
wurde das grosse Werk nach Brescia überführt und dort auf dem
Hochaltar von St. Nazaro e Celso aufgestellt, wo es den Künst-
lern der brescianischen Schule lange ein Gegenstand des Studiums
blieb, wie es dem venezianischen Publikum zum ersten Male die
Möglichkeit künstlerischer Verbindung classischen Formgefühls und
jener realistischen Wahrheit vor Augen gestellt hatte, die nach-
mals an den Bildern Paolo Veronese's und Bassands so allgemein
entzückte. Ob jedoch die Form, welche das Altarbild erheischte,
dem Kunstgeschmack Tizian's überhaupt entsprach, lassen wir da-
hingestellt. Zu leugnen ist gewiss nicht, dass er sich am meisten
in seinem Fahrwasser fühlte, wenn er es mit einer einfachen
grossen Leinwandfläche zu thun hatte, auf welcher er die Figu-
ren nach freiem Ermessen gruppierte. Das darf bei Beurtheilung
unseres Werkes nicht ausser Acht gelassen werden. Da ihm hier
aber nicht blos das Thema, sondern auch die Anordnung der
Felder gegeben war, auf welche er die Oompositionen zu ver-
theilen hatte, konnte er sich der Aufgabe schwerlich anders ent-
ledigen, als er es that. Die "Auferstehung" kann als künstlerischer
Vorwurf nicht mit derselben Freiheit behandelt werden wie die
„Himmelfahrt" oder die „Verklärung". Sie duldet weder Er-
streckung in die Breite noch Hinzufügung von Fülltiguren. Des-
halb genügte Tizian der Forderung des Höhenformates, indem er
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Verona ß unseres Jahrhunderts belm Grafen Ignazxo Bevilacqua in