01m.
E
BILD
BORGINS.
LUCREZIA
E
sein, die Herzogin zu malen und diesen Auftrag in einem nach-
mals von Sadeler gestochenen Bild ausgeführt haben, auf welchem
Lucrezia als eine Frau von majestätischer Haltung dargestellt ist,
mit Schleier-n und Kleinodien, in einem Ueberkleide von schwarzem
Sammet mit durchbrochenen Aermeln, die Hand, auf die Schulter
eines aethiopischen Pagen lehnendf Ein Blick auf den trelflichen
Stich zeigt, dass die dargestellte Dame in der That eine Fürstin
sein muss, denn nur eine solche durfte sich den Luxus eines afrika-
nischen Dieners gestatten; auch sind die Passionsblume aus Edel-
steinen und das seidene Band, welche das mit einem 'l'urban be-
deckte Haupt schmücken, ebenso das durchbrochene Seidengewand
sammt Schärpe nicht weniger reich und vornehm wie die Anzüge,
durch welche Isabella von Este oder die Herzogin von Urbino
glänzten. Immerhin könnten wir aber diese für Ridolifs Behauptung
sprechenden Merkmale nur dann als überzeugend annehmen, wenn
sie stärker wären als die Gründe, die dagegen vorgebracht werden,
und man muss wohl beachten, dass geschichtlich zwar die Voll-
endung eines Bildnisses der Herzogin von Ferrara verbürgt ist, der
Name Lucrezia's dabei aber nicht erwähnt wird. Demnach könnte
sich diese Nachricht auf Laura Dianti beziehen, die von Vielen
als Alfonsds von Este zweite Frau bezeichnet wird. Ohne so weit
zu gehen, hat Campori, ein in der ferraresischen Kunst und Ge-
schichte durchaus bewanderter Forscher, zunächst die Unechtheit
des Bildnisses mit Hilfe von Medaillen nachzuweisen gesucht,
welche uns die Züge Lucrezia's aufbewahrt haben, und dann die
Vermuthung ausgesprochen, der Stich Sadelefs könne eine von
Tizian thatsächlich gemalte Sultanin darstellen? Wenn wir wagen
dürfen, eine von so guter Autorität abweichende Ansicht zu äussern,
so möchten wir die Unwahrscheinlichkeit hervorheben, dass Sade-
ler's Stich eine Sultanin darstelle, da die Dame keine Spur von
orientalischem Blut verräth und die Leinwand, welche das Porträt
trägt, in Italien aufbewahrt blieb, wo sie Ende des siebzehnten
Jahrhunderts in Besitz der Königin Christine kam?
iSts
1 Ridolfi, Maraviglie I. S. 209.
2 Vasari XIII. S. 43; Campari, Tiziano e gli Estensi S. 33.
3 Dass das Original von Sadeler's Stich dasselbe Bild gewesen
welches in