CAP.
DAS
MÄKLERPATENT.
seiner und des Staates Ehre bedenke: erstens die Beschaffung
seines eignen Bildnisses in Lebensgrösse, Welches an bestimmter
Stelle in einer Lünette am Fries unter der Decke des Grossen
Rathssaales einzulassen war und hierfür erhielt Tizian Honorar
ferner die Herstellung eines Gemäldes, welches wieder ihn
selbst knieend vor der Madonna in Begleitung eines Heiligen dar-
zustellen hatte (dies war für das Collegium der Pregadi be-
stimmt); endlich die Anfertigung eines Schildes mit seinem Wappen,
welches an Bord des DogenschiHes Bucintoro angebracht wurde?"
Das Mäkleipatent brachte 100 Dukaten im Jahre, es befreite
den Inhaber von Abgaben, die sich auf 18 bis 20 Dukaten jährlich
schätzen liessena"; das Dogenbildniss wurde ihm ausserdem mit
25 Dukaten bezahltf"
Das Privilegium also, nach welchem Tizian trachtete, und
was Bellini vor ihm besass, hatte einigermaassen die Beschaffen-
heit eines zurückgehaltenen Honorars, indem es den Empfänger
zur-Anfertigung von Porträts in völlig ungewissen Zeitpausen ver-
bindlich machte. Es war eine Jahresrente auf Lebenszeit und als
solche höehlich geschätzt, doch konnte dieselbe nach Belieben
zurückgenommen werden, und dieser Umstand führt uns zu der
Vermuthung, dass der Inhaber sein Bestes zu leisten sich beeiferte,
um den Rath der Zehn bei guter Laune zu erhalten, dessen Wün-
schen zuvorkam oder mit Eile und Pünktlichkeit die Aufträge
vollzog, welche jener ihm zu gehen für geeignet hielt. In Tizian's
Falle jedoch trat in dieser Beziehung gerade das Gegentheil ein.
Er malte zwar die Bildnisse und Votivgemalde der Dogen mit
leidlicher Pünktlichkeit; dagegen wurden während der ganzen
Zeit seines Lebens Klagen über die Vernachlässigung des Werkes
in der Halle des Grossen Rathes laut. Wir haben gesehen, dass
29 Sansovino, Cosc notabili S. 47.
3" vgl. oben Anmerkung 28, den Beschluss des Rathes vom '23. Juni 1537,
durch welchen die Angaben Vasarfs, Ridolifs und des Anonymus Tizianellds wider-
legt werden. Letzterer beziffert (S. V.) Tizian's Einkommen aus dieser Quelle auf
200 Saudi, Vasari XIII. S. 22, 23 auf 300, Ridolfi I. S. 214 auf 400 Scudi.
31 Vasari XIII. S. 23 gibt den Zahlungssatz irrthümlich mit nur acht Saudi
an; der Preis von 25 Dukaten ergibt sich jedoch aus den Rechnungsbucheru des
Salzanmtes; vgl. später. '