CAP.
GIOVANNI
"WETTKAMPF MIT
BELLINI.
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Vivarinfs war Niemand in der Lage gewesen, ihm den Rang
streitig zu machen; ja, als man i. J. 1507 genöthigt war, die
Vollendung von Vivarinfs unfertigen Gemälden zu beschleunigen
und Bilder für zwei leere Flächen eomponieren zu lassen, war
Carpaecio zwar als für diese Arbeit befähigt mit Ausführung
eines dieser Gemälde unter Beihilfe des Girolamo und Vittor di
Matteo betraut worden, doch empfing Bellini ausdrücklich An-
weisung, deren Arbeit zu überwaöhen," Für einen Mann von so
hervorragender Vertrauensstellung musste, wie abgebraueht seine
Kräfte auch sein mochten, die Erhebung Tizian's zu seinem Neben-
buhler einer Beleidigung, fast einer Absetzung gleichkommen, und
wir werden bald erfahren, dass Bellini trotz seiner hohen Jahre
keineswegs geneigt war, seinem neuen Gegner ohne Widerstand
das Feld zu räumen.
Schon im Juni, so schreibt Sanuto, war Tizian angewiesen
worden, in der Grossen Rathshalle unter denselben Bedingungen
Wie-Bellini und Carpaceio zu arbeitenfs Er hatte Erlaubniss er-
halten, seine Werkstatt bei San Samuele aufzurichten, wo Gebäude
lagen, die, vordem im Besitze des Herzogs von Mailand, jetzt
Staatseigenthum warenfg Hier hatte Bartolommeo Bon, der Stadt-
baumeister, seine Wohnung gehabt, hier wohnte nunmehr Tizian
und hielt seine Gehilfen, Antonio Buxei und Lodovico di Gio-
vannifo Hier auch hatte er die Skizze oder wie es damals ge-
nannt wurde, das „Modell" zu dem für die Grosse Rathshalle
bestimmten Bilde entworfen. An der Biegung des grossen Kanals,
genau westlich vom Markusplatz befindlich, war die Werkstatt,
gleichweit entfernt vom Dogenpalaste und der Rialtobrüeke, durch
17 Lorenzi a. u. O. S. 142; vgl. der Verff. Gesch. der ital. Malerei (deutsche
Ausgabe) V. S. 212 u. a. O.
18 Sanuto, Diario V01. XVI. S. 287, 31. Juni 1513 nach dem handschrift-l
liehen Auszugwon Cicogna. in den Anmerkungen zum Anonymus des Morelli (s.
vgl. auch Ciani, Storia parto II. S. 299.
w Lorenzi a. a. O. S. 187.
2" Lodovico di Giovanni (oder di Zuane) war i. I. 1508 Giovanni Bellinfs
Gehilfe im Rathssaale gewesen, damals mit einem Gehalt von zwei Dukaten monat-
lich (s. Lorenzi S. 142, 145 und 146). Im J. 1509 erhob sich Klagegegen ihn,
weil er seine Arbeit ohne Urlaub verlassen hatte und er wurde in Folge dessen er-
setzt, s. ebenda S. 150. ,
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