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GESUCH UM DAS MÄKLERPATENT. 129
für Bembo's Vorschlag. Navagero mag dagegen seinerseits er-
wogen haben, dass des alten Bellini Tage gezählt waren und dass
Venedig in Tizian den einzigen Meister verloren haben würde,
der den Händen des Künstlerpatriarchen die Aufgabe malerischer
Verherrlichung der Dogen und der grossen Staatsaktionen ab-
nehmen konnte, die im Rathssaale der Vollendung harrten. Was
wir bestimmt wissen, ist nur, dass Bembo dem Meister sein An-
erbieten machte und dass dieser es auf Anstiften Navagerds von
der Hand wies. Dies Letztere bestätigt der Wortlaut von Tizian's
Gesuch, das am 31. März 1513 vor dem Rathe der Zehn zum
Vortrag kam:
"Ich Tizian von Cadore, der ich die Malerei von Kindheit
an studiert habe und mehr nach Ruhm als nach Vortheil be-
gierig bin, wünsche lieber dem Dogen und der Signorie als seiner
Hoheit dem Papste und anderen Herren zu dienen, die in ver-
gangenen Tagen und jetzt auf's Neue dringend verlangt haben,
mich zu beschäftigen. Mein lebhafter Wunsch geht deshalb dahin,
wenn es thunlich ist, in der Rathshalle zu malen, und zwar, falls
es den Hochmögenden gefällt, mit dem Schlachtengemälde auf
der Seite nach der Piazza hin zu beginnen, Welches so schwierig
ist, dass bis dahin Niemand den Muth gehabt hat, es zu ver-
suchen. Ich erkläre mich bereit, jeden meiner Arbeit entsprechend
scheinenden Lohn anzunehmen; doch da ich nur der Ehre Wegen
und bei mässigem Auskommen mich befleissige, so bitte ich um
Verleihung des nächsten, auf Lebensdauer giltigen Maklerpatentes,
das am Fondaco de' Tedeschi erledigt Wird, ohne Vorbehalt be-
stehender Anwartschaften auf solch' eine Stelle, und unter den-
selben Bedingungen oder Lasten und Freiheiten, wie sie dem
"Missier Juan Bellin" zugestanden sind, nämlich: zwei Burschen
als Gehilfen, die vom Salzamte zu bezahlen sind, sowie Lieferung
aller Farben und sonstiger Erfordernisse, wogegen ich verspreche,
obcnbenanntes Werk mit solcher Schnelligkeit und Gediegenheit
zu vollenden, dass die Signori, denen ich mich demüthigst em-
pfehle, damit zufrieden sein sollen."
Girolamo Contarini, Michael de Lezze und Giovanni Venier,
damals die Vorsitzenden des Rathes, brachten einen Aiitrag ein und
Crowe, Tizian I. 9