E
lN VENEDIG.
DER H ELLENISMUS
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gehalten. Aber er fand und studierte mehr als die Ueberreste
des Alterthums: ihm traten auch die Leistungen Donatellds und
Mantegnafs selber entgegen, er schöpfte wieder aus den Quellen,
an denen die venezianische Malerei neues Leben gesehlürft hatte.
Eins mochte er vor Allem "aus der Anschauung der Fresken in
der Eremiten-Kapelle davongetragen haben. Wenn sein Markus
in der Salute auch noch weit entfernt ist von der Anwendung
desjenigen Verkürzungssystems, das Tizian nachmals bei den
Deckengemälden in Santo Spirito befolgte, so offenbart er doch
das Behagen an Problemen der Linienperspektive, die in dem
Maasse kühner hervortreten, als die Gesammtbehandlung des Flei-
sches Wie des Lieht- und Schattenspieles kühner ist.
Sehr natürlich nun, dass mit dem Publikum, das ihn bewun-
derte, auch sein Verlangen nach persönlichem Einilusse wuchs,
umso mehr, da eben jetzt in Venedig auch die Empfänglichkeit
für die feineren Güter derCultur, für Kunst und Literatur zunahm.
Nur wer mit der Entwicklungsgeschichte der Druckkunst und
der Presse im edlen Sinne vertraut ist, vermag die ausserordent-
liche Thätigkeit zu ermessen, welche in dem Zeitraum vor und
nach dem Kriege der Liga herrschte. Die Sicherheit der insularen
Lage mach e Venedig zum geeigneten Mittelpunkt für die Wirk-
samkeit der Bildungspioniere. Bereits früh im fünfzehnten Jahr-
hundert hatte Johann von Speyer seine Pressen hier aufgestellt;
dreissig Jahre später folgten Janson und Andrea von Asola nach,
in dessen Geschäft Aldus Manutius als Theilhaber eintrat? Unter
der thatkraftigen Leitung dieses kundigen Mannes gedieh in Vene-
dig eine Bücherwelt, die zwar noch keine National-Literatur War
denn diese zu schaffen reicht ein halbes Jahrhundert nicht aus
aber classisch im engeren Sinne, insofern sie, ohne die Lei-
stungen des einheimischen Geisteslebens zu verschmähen, vor
Allem die römische und griechische Literatur zum Eigenthum der
Zeitgenossen machte. Mit wahrhaft staunenswerther Schnelligkeit
7 Ucbcr die Verhältnisse des Aldus Mgnutius und seiner Akademie vgl. Am-
broise Firmin Didofs treffliohes Buch "Alde Manuce et l'Hel16nis1ne S: Vonice",
Paris 1875, und ausserdezn Cicogna, Iscr. Von. VI. S. 173111