Volltext: Tizian (Bd. 1)

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JUGENDWERKE 
IN VENEDIG 
UND 
PADUA. 
ÜAP. 
wogegen Florenz niemals einen Coloristen von der Grösse Tizialfs 
erzogen hat. 
Mit einziger Ausnahme Pordenonds gibt es keinen Meister 
venezianiseher Herkunft, dessen Geschicklichkeit als Freskomaler 
sich über das Durchschnittsmaass erhebt. Und nicht einmal Por- 
VOII 
der 
Grösse Tizianfs 
denone wird man mit Andrea del Sarto vergleichen wollen, wäh- 
rend, wenn wir, ein Meisterwerk gegen das andere haltend, Andrea's 
„Disputa della Trinita" im Palazzo Pitti mit dem Marcus zu- 
sammenstellen, den Tizian nach seiner Heimkehr in Santo Spirito 
vollendete, zu der Ansicht gedrängt werden, der Florentiner sei 
nur ein Taschenspieler, der Venezianer aber ein wirklicher Zaube- 
rer gewesen. Bei alledem vermochte Niemand über die Möglich- 
keiten der künftigen Entwicklung venezianischer Kunst abzu- 
sprechen. Liess man in der Mutterstadt die Freskomalerei als 
zeitweilige Dekoration gelten, so war ihre Anwendung in den 
Provinzen in dem Mavasse allgemeiner, als die Aussicht auf ihre 
Haltbarkeit grösser wurde. Wäre es Tizian's Loos gewesen, von 
Kirche zu Kirche zu wandern und endlose Chorgänge und Kapellen 
zu malen, wie Pordenone, so würde er seine Abneigung über- 
wunden und dem dekorativen Ausdrucksmittel Reiz abgewonnen 
haben. Sein Weg aber ging anders. Auf der Rückkehr aus 
Padua nach Venedig hielt er sich zwar in Vicenza auf, wohin, 
wie mit allem Grund anzunehmen ist, ihn Domenico Campagnola 
begleitete", um auch hier ein Freskobild, "das Urtheil Salomds", 
zu malen, welches jedoch nicht auf uns gekommen ist." Dann 
aber trat er mit der Berührung des mütterlichen Bodens wieder 
in die wahre Sphäre seiner Kraft, und obgleich berichtet wird, 
seine erste Aufgabe nach der Heimkehr habe in der Ausschmtickung 
 Boschini, Gioielli della pittura di Vicenza, Vicenza 1676, S. 34, 35 er- 
wähnt Bruchstücke eines Wandbildes an der Stirn des Hauses des Podesta, von 
denen zweifelhaft war, ob sie von Tizian oder von Campagnola herruhrten; ebenda 
S. 74 führt er andere unter einem Portikus bei Stq. Oorona auf. Campagnola hat 
übrigens auch in Venedig gemalt. In S. Michele auf Murano befinden sich noch 
zwei Leinwandbilder von ihm. 
73 Vasari XIII. S. 22, 45. Ridolfi I. S. 201, 298. Das Fresko befand sich 
in einer Lßggia, worin der Gerichtshof tagte. Beim Umbau der Loggia wurde es 
durch Palladio abgenommen, worüber, wie Malvasiaz berichtet, viel Geschrei entstand.
	        
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