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UND
350m.
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und die mit Schiesscharten versehenen Mauern einer von Bäumen
umrahmten Stadt, die am Felsabhang längs des Seeufers erbaut
ist. Auf den Feldern rechts hütet ein Hirt seine Schafe, hinter
dem Thurme auf der linken Seite ragt eine hohe Dolomitspitze
mit ihren Nadeln und Platten in" den Himmel, dessen streitiges
Gewölk auf goldigem Abendglanze schwimmt, rechts bespült die
See die von sägeförmig geschweiften Buchten begrenzte Insel.
Auf einem tizianischen Oelgemalde dargestellt müsste eine solche
Oomposition zauberhaft wirken, unser Wandbild jedoch gibt wenig
mehr als Linien. Gleichwohl überrascht die Erfindung, welche
hier die Natur von Cadore mit Eindrücken, wie sie an der dal-
matischen oder griechischen Küste häufig vorkommen mögen, zu-
samrnenbaut. Höchst kunstvoll, um nicht zu sagen künstlich,
sind die Figuren abgewogen, die fast immer paarweis neben-
einandergestellt, abwechselnd Licht- und Schattenflächen dar-
bieten. Die Abtönung ist fein berechnet. Während der sich
vorneigende Jünglingskopf lebhaft an die Typen Giorgione's
erinnert, sind die übrigen Zuschauer meist kernhafte Gestalten
und durchweg ist charakteristisch, dass die Schönheit der männ-
lichen die der weiblichen übertriift, wie denn hier auch neben
Männern höherer Stände Frauen aus den niederen Volksklassen
darzustellen waren."
Padua, Was die dritte Freske betrifft, die übrigens fast allen Reiz
5223,36] des Farbentones verloren hat, so nimmt es wunder, dass eine
so manierierte Handlung, so theatraliseher Gruppenbau und eine
so lahme Anordnung, wie sie hier vorliegt, von Tizian erfun-
den WOrdßllm Ein eifersüehtiger Ehemann hat sein ihm zu F üssen
auf den Boden hingestreektes Weib ermordet und hält, grim-
mig dreinsehauend, den Dolch, das blutige Werkzeug seiner
Missethat, noch in den Händen." In der Entfernung sieht man
ihn" nochmals vor Antonius, der dem reuigen Mörder verzeiht
und ihm die Beruhigung gibt, dass das Opfer seines Jähzorns
dem Leben zurückgegeben sei. Die beiden Gruppen sind nur
74 Gestochen (von der Gegenseite) in Lefebräs Werk: "Opern selectiora" 1682,
und in Farbendruck herausgegeben von der Arundel-Society.