SCUOLA
DEL
SANTO.
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von seiner noch von Tizian's Fähigkeit nach dieser Richtung hin
etwas zu merken. Die Mehrzahl der handelnden Figuren stehen
vor einem Gebäude, dessen Bogenthor auf der einen Seite vom
Standbilde _eines Heiligen bewacht ist, Während der Ausblick zur
Rechten nur einen Erdhügel und etliche Bäume darbietet." Padua,
Die zweite der Compositionen zeigt bei nicht geringerer Frei- 8632311361
heit der allgemeinen Behandlung doch etwas mehr Sorgfalt. Mit
einfach markigen Linien, welche in den Hügelzügen der Ferne
mild ausklingen, erzählt die gedrängte Figurengruppe den Vorgang,
wie der Heilige einem Jüngling, der sich für die Schandthat, dass
er im Zorn seine Mutter geschlagen, durch Abbauen seines Fusses
selbst bestraft hatte. Eine Frau stützt den im Vordergrund aus-
gestreckten Sterbenden, während dessen Mutter, neben ihm knieend,
mit jammervollem Ausdruck den heiligen Antonius anruft, welcher
mit der in den Falten verborgenen linken Hand sein Gewand
raffend herzutritt und die Rechte beruhigend ausstreckt. Ein
hinter ihm stehender Ritter in Stahlharnisch hat, baarhäuptig em-
porschauend, sein Schild zur Erde gleiten lassen ein fein be-
rechneter Gontrast gegen die graue Gestalt des Heiligen rechts
schaut eine mächtige Männergestalt in vornehmer Tracht mit
rothem Rock über grauem Unterkleide und braunem Käppchen,
den einen Arm in die Hüfte gestemmt, mit seinem Nachbar, einem
Genossen des Antonius, auf den Jüngling herab, den auch der
Hintermann des Heiligen, ein junger Fant in üppigem blonden
Lockenhaar und weichlich gefärbten eleganten Bauschgewändern,
neugierig beobachtet, indessen links, etwas zurückstehend, drei
Männer der Erzählung einer Frau zuhören, welche mit lebhafter
Geberde den Vorgang berichtet. Besonderen Reiz gewährt diesem
Bilde der Hintergrund. Scharf getheilt durch den dünnen Stamm
und das spärliche Blattwerk eines hinter dem heiligen Antonius
aufragenden Baumes, gibt er uns den Ausblick auf die Thürme
in Tempera gerechnet, ausgeführt in dem von Dr. Marco da. Mantova bewohnten
Palaste in Padua, vgl. Anon. des Morelli S. 25.
73 Dieses und andere Bilder des Cyklus haben durch Feuchtigkeit und Ueber-
malung gelitten; daher rührt wohl auch zum Theil wenigstens die Dunkelheit und
Stumpfheit der Farbenfläehe und eine gewisse Eintönigkeit des Ganzen.
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