CAP.
Pi
ALVISE CORNARO.
ß
wiederkehrt. Ueber diesen Künstler lässt sich zwar Manches aus
den paduanischen Annalen ersehen, jedoch über Geburt und Tod
desselben waltet die gewöhnliche Dunkelheit. Sein bester An-
spruch auf Beachtung besteht in seiner Verbindung mit Tizian,
dessen Stil als Oolorist und Landschaftsmaler er trotz schlechter
Zeichnung und noch schlechterer Composition glücklich nachahmte.
Ob Campagnola Paduaner oder Venezianer gewesen, bleibt zweifel-
haft; wir hören überhaupt erst von ihm, als Tizian nach Padua
kommt. Indess von 1511-1564 wurde er mit zahlreichen Auf-
trägen von dieser Stadt betraut. Und es liegt ein von den be-
reits angeführten unabhängiges Zeugniss vor, dass er im Palast
Cornaro und in der Brüderschaft des Santo gemalt hatf"
Nun wäre es jedenfalls befremdlich, wenn ein Mann von
Cornaro's Unternehmungslust einen Künstler wie Tizian nach Padua
hätte kommen lassen, ohne seine Fähigkeiten auszunutzen. Leider
jedoch ist Alles, was dieser für ihn gearbeitet hat, verloren ge-
gangen. Uornaro stand zur Zeit der Ankunft Tizian's in vollem
Mannesalter; er war ein bekehrter Lüstling, hatte- eine Schrift
über die Mässigkeit verfasst und seinen eignen Rathschlägen so
gewissenhaft nachgelebt, dass er ein hohes Alter erwarten durfte.
In Folge der Vergehungen eines Vorfahren hatte er den Adel ein-
gebüsst, war aber trotzdem ein geborner Patrizier, und da ihn
kein öffentliches Amt quälte und er an Ansehn und Reichthum
gleichwohl hervorragte, suchte er seine Musse mit ernsten Freuden
und Studien auszufüllen. Er. hielt zu Padua offenes Haus und
besonders
Waren
ihm Gelehrte
und Männer
der Kunst und Wissen-
Schaft willkommen; unter anderen verkehrte er mit dem Wunder-
menschen Orichton, dessen erstaunliche Vielseitigkeit und Kennt-
nissmasse seinen Eiter stachelte. Er war vollendeter Sänger und
schrieb nebenher eine Abhandlung über Baukunst und eine K0-
mödie; Waidmann ersten Ranges, aber zugleich in allen Fragen
bewandert, Welche Ackerbau, Bewässerung, Deichanlagen und
Betestigungskunde betrafen. Wüste Ländereien wurden durch sein
1'" Anon. des Morelli S. 11. Ridolfi I. S. 118 und II. S. 265.
Pittura di Padova, Padua 1795 und P. Selvatico, Guida di P. Padua
Brandolese,
1869.