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J UGENDWERKE
IN VENEDIG
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PADUA.
CAP.
Aufgabe ist es aber nicht, dabei zu verweilen. Es genügt, die
verderblichen Wirkungen des Krieges auf die Aussichten der Maler
im Allgemeinen zu verzeichnen. Der ganze Feldzug war fast eben-
so verhängnissvoll für die Künstler der venezianischen Schule wie
die Belagerung und Einnahme Roms im Jahre 1527 den Meistern
wurde, die unter Leo X. und Clemens VII. arbeiteten. Die erste
Folge war, dass die in der Provinz thätigen Maler sich ge-
zwungen sahen, in Venedig Zuflucht zu suchen. Die Beschränkung
des Erwerbsfeldes und die gänzliche Vertreibung der Künstler hing
damit unmittelbar zusammen. So verliess Pellegrino Udine, Por-
denone Colalto und Morto entiloh aus Feltre und fand Beschäfti-
gung in Venedig. Etwas später siedelte Sebastian Luciani (del
Piombo) nach Rom über, Lotto in die Romagna, Tizian endlich
nach Padua und Vicenza.
Seit dem Winter-tage des Jahres 1406, da der Terrorismus
der politischen Nützlichkeit die venezianische Republik verleitet
hatte, den letzten Sprossen des paduanischen Herrengesehlechts
Francesco da Carrara und seine beiden Söhne im Gefangniss zu
erdrosseln, war Padua Venedig unterworfen gewesen. Nicht nur
durch seine altberühmte Universität, sondern auch durch seine
literarischen Sammlungen, Museen und Antiquitäten war die Stadt
der geistige Mittelpunkt der Markusstaaten. Hier hatte sich über-
dies eine Malerschule entwickelt, deren Einfluss von den Bergen
Friauls bis nach Mailand reichte. Innerhalb seiner Mauern waren
Donatello, die Bellini und Andrea Mantegna thatig gewesen, aber
mit dem Weggang dieses seines grössten einheimischen Meisters
nach Mantua und mit der Uebersiedelung der „Florentiner" (wie
man die Sippe der Bellini nannte) nach Venedig verlor es die
künstlerische Obmacht gegen Ende des fünfzehnten Jahrhunderts
für immer. Die Universität genoss zwar am Beginn des sechs-
zehnten Jahrhunderts, damals unter bischöflicher Aufsicht, als
akademische Körperschaft noch eines gewissen Ansehens, aber
die künstlerische Thätigkeit erlahmte infolge des mangelnden
Hofes und des allmaligen Verfalls der heimischen Aristokratie,
sodass die ehedem blühende Malerschule auf wenige mittelmassige
Meister zusammenschmolz. Als die Stadt von den Kaiserlichen