QHGENDWERKE
IN VENEDIG
UND
PADUA.
CAP.
der West-Front erhellt, dass Giorgione von Eindrücken antiker
Skulptur beherrscht wurde, während Tizian die klassische Würde
ganz und gar mit dem Modern-Malerischen und der treuen Wieder-
gabe zeitgenössischer Erscheinungen vertauscht zu haben scheint.
Vasari, durch diese Dekorationsweise verstimmt, schonte weder
Giorgione noch Tizian bei Beurtheilung des Ganzen. Wie eiltertig
er jedoch seine Beobachtungen gemacht und niedergeschrieben
hat, beweist der Umstand, dass er es unterliess, zwischen den
Werken der beiden Maler zu unterscheiden und den vollen Tadel
über die missglückte Arbeit dem Giorgione zur Last legte. "Gier-
gione," sagt er, „malte lediglich Figuren nach seiner Willkür,
um sein Geschick zu zeigen, er verschmähte bestimmte Historien
darzustellen oder die Thaten eines hervorragenden Helden der
antiken oder modernen Zeit; was mich betrifft, so habe ich seine
Meinungen niemals ergründen können, und habe auch Niemanden
gefunden, der mir Aufschluss gegeben hätte, wieviele ich auch
darnach fragte. Hier malt er ein Frauenzimmer, dort einen Mann
in verschiedenen Stellungen, dem einen einen Löwenkopf zur
Seite, dem andern einen Cupido-artigen Engel, kurz, kein Mensch
kann daraus -klug werden. Ueber dem Thorwege der Merceria
befindet sich eine weibliche Person mit dem Haupte eines Riesen
unter sich, etwa wie eine Judith anzusehen, Kopf und Schwert
erhebend und zu einem_Deutschen redend, der unterhalb steht.
Aber auch hier habe ich nicht zu enträthseln vermocht, was der
Künstler" darzustellen beabsichtigte, vvofern er nicht gar eine
Germania hat malen wollenßis
Spätere Kritiker jedoch, und besonders Zanetti, welcher mit
seiner Meinung auf Sebastian Ricci und Anderen fusste, in deren
Erinnerung die Traditionen der älteren venezianischen Schule leb-
ten, bewirkte eine weniger hefangene Beurtheilung des ganzen
Werkes. Er entschied wie uns scheint mit Recht dahin,
dass beide am Fondaco thätige Meister Beweise grosser und be-
23 Vasari, Lem.
deutsche Ausgabe VI.
VII. S.
S. 179
vergl.
und
S5
der Verf.
Gesch.
der
ital.
Malerei,