A.
Ankunft der Franzosen in Deutschland.
Stich-Breite S" Höhe 6" 7'" altfranzösisehes Maass.
Ein satyrisches Blatt. Ein elegant gekleideter französischer Ca-
valier, mit dem Ludwigsorrlen geschmückt, steht Rechts auf kothi-
gem Wege bei regnichtcm Wetter vor einem Dorfe angekommen,
blosshäuptig mit dreispitzigem Hüte unter dem Arme. Seine zur
Hälfte entknöpfte Weste zeigt sattsam, dass er hemdlos ist. Gefolgt
von zwei Bedienten, deren einer barfüssig, der andre verstohlen
seinen Hunger stillt, wird dem hohen Herrn durch seinen ebenfalls
schuh- und strumpflosen Kammerdiener und Ireibfriseur eine Prise
Schnupftabak mit tiefem Bückling geboten. Ein deutscher Michel
trägt dem Hochadeligen treuherzig Hemd und Kappe an. Verwun-
dernde Dorfbewohner begafen die Fremdlinge. Ein Links im Vor-
dergrunde mit seiner Frau stehender Landmann liest aus einem
Buche die Deutung dieser seltsamen Erscheinung: "Die Franfofe
Komt ins Teütsch land lzats lseinlzcmde an." Im Hintergründe er-
heben sich die Zelte eines Feldlagers. Im Unterrande bezeichnet:
J O- del: TV. Fox Saul. London. T lte Oomäng of tlw Frenck in
Germany. AnKumft die Fmntzofen in T eütsck Land.
In der Kupferstichsammlung der K. K. Hofbibliothek in Wien befindlich.
Der Custos derselben , Friedrich Ritter von Bartsch, beschreibt diess Blatt, wie
oben angeführt, in seinem 185-1 in Wien herausgegebenen Werke „ Die Kupfer-
stichsammlung der K. K. Hofbibliothek in Wien etc." gr. S. (312 S.) auf S. 157
unter N0. 1774 und fügt hinzu „Dieses pseudonyme Blatt gehört zu den
"frühesten des Künstlers, auch stimmt es in Zeichnung, Radirung und. Schrift-
"zügen besonders mit den Nummern 1 und 4 überein. Dass ChodowieckYs Hu-
„mor sich unter Fremdnamen zu verbergen liebte, beweisen eben die ange-
„führten Nummern, wo er sich einmal Huquier, das anderemal J. Vogel nennt."
Nachdem mir dort das Blatt zu Gesicht gekommen, stimme ich dem BartscNschen
Aussprüche, dass diess ausserordentlich seltene, vielleicht einzige Blatt von un-
serm Künstler stamme, vollkommen bei.
Henry G1erart.
In den handschriftlichen Notizen von Jacoby befindet sich eine eigenhändige
Angabe, dass ein solches Blatt mit der Unterschrift „Henry Gierart, marchand
des Savonettes tre' renomäe ä Berlin agä 98 ans." von unserm Künstler soll
gefertigt sein. Jacoby bemerkt noch dabei, dass sich „unter dem Blatte zwei
Reihen mit Versen in deutscher und französischer Sprache befinden, und dass"
dieser Gierart in den Strassen Berlins, Parfümerien, Seife, Pomade, Puder ä 1a
marechalle etc. ausrief."
Leider habe ich trotz alles Nachsuchens keine weitere Spur von dem Blatte
auffinden können.
Chodowiecki.