XLVIII
Ohodowieck
bilder benutzte. Bei seinen spätem Arbeiten nahm er eine leichtere Behandlung
in der Schraflirung an; denn hier war es ihm nur darum zu thun, das Wahre in
einer leichten Art darzustellen, um die vielen Aufträge befriedigen zu können.
Dass Chodoizvieckiis Arbeiten sich nicht alle gleich sind, und seine Kupfer-
stiche für Bücher und Kalender zum Theil Manches zu wünschen übrig lassen,
ist nicht zu läugnen. Aber welcher grosse Meister, jeder in seiner Gattung,
steht wohl hier vorwurfsfrei, zumal wenn der Stoff, welchen er behandeln soll,
durchaus kein malerisches Interesse darbietet. Der billige Beurtheiler wird da-
bei auch in Anschlag bringen , dass die Gemüthsstimmung, von welcher doch
(las Gelingen des Gegenstandes abhängt, nicht immer dieselbe ist. Sich zu or-
holen und die günstige Gelegenheit abzuwarten , war bei Chodowiecki, der mit
Arbeiten überladen war, nicht möglich; da aber, wo er freies Spiel hatte und
nach seiner Laune schaffen konnte, da zeigt sich der feine Beobachter des
Menschen im Hohen und Niedrigen. Immer trifft er das Wahre, mögen seine
Darstellungen die Thorhciten geisseln , oder in Beispielen das Glück des
Tugendhaften zeigen.
Man hat es Chodoiviecki wohl zum Vorwurf gemacht, dass er sich nur in
Scenen des bürgerlichen Lebens ausgezeichnet habe. Dieser Vorwurf könnte
ihm vielmehr zum Lobe gereichen, da es nur darauf ankommt, dass er in dem
Fache, welches er ausschliesslich wählte, Alles leistete, was darin verlangt
werden konnte. Aber dieser Vorwurf ist sogar nicht gegründet; denn dass er
auch in Compositionen höherer Art, in Darstellung des Reininenschlichen sich
auszeichnete , davon geben seine Blätter von Lavaters Jesus Messias den über-
zeugendsten Beweis.
Die vorzüglichsten Kupferstecher, welche theils nach seinen Zeichnungen
gestochen, theils seine Werke copirt haben , sind: Berger, Geyser , Meil,
Schleuen , Krüger, Endner, Schellenberg , Schuster, Henne, Rossmässler,
Glasbach, Thönert, Lips, Vogel, Liebe, Bock, Nilson, Kohl, Bolt, und endlich
sein Bruder Gottfr. Chodowiecki und sein Sohn Wilh. Chodowiecki u. A.
Chodoxzviecki besass als Mensch so viele liebenswürdige Eigenschaften
so viel Nachahmungswürdigesff) dass es wohl der Mühe werth ist, ihn auch
von dieser Seite kennen zu lernen. Für seine Mutter, obgleich von dieser ge-
trennt, hegte er eine kindliche Verehrung. Bei jeder Gelegenheit sorgteier
dafür, ihr Freude zu machen. In ihren Briefen macht sie ihm desshalb sogar
Vorwürfe , dass er ihr so bedeutende Geschenke mache , und droht ihm, wenn
er so fortfahre, ihm nicht nur diese, sondern auch die letzten zwölf L0uisd'ors
wieder zu über-schicken. Gleiche Sorgfalt hegte er für seine Brüder und für
seine beiden Schwestern. Als sein Bruder Gottfried 1781 starb, nahm er sich
der Wittwe und der Kinder desselben redlich an. Der Braut des Sohnes gab er
bei ihrer Verheirathung 2000 Thaler. Wie er hier das Glück seiner Verwandten
zu begründen suchte , eben so eifrig strebte er dahin, seiner Gattin und seinen
Kindern Freude zu machen. Nicht sein, sondern ihr Glück suchte er zu be-
fördern, und der Gedanke, ihr Leben zu erheitern, entschädigte ihn für die
Mühen des Lebens. Als seine Kinder herangewachsen waren und sich ver-
heirathet hatten , gab er jedem jährlich 400 Thaler; und da diese ausser Berlin
wohnten, fühlte er sich immer glücklich, wenn sie ihn besuchten. Wie ihn
seine Mutter in der Frömmigkeit erzogen hatte, eben so fromm lebte er hernach
im häuslichen Kreise. Jeden Morgen hielt er Betstunde mit seiner Familie,
So schreibt cr z. B. d. Sten 91g. 1799 an Becker: "Ich liebe nicht wenn Künstler den Tittcl
"Hoffrath u. d. gl. der Benennung Künstler, Mahlcr, Kupferstecher Bildhauer vorziehen, gewöhn-
„licl1 ist alsdann die Kunst bei ihnen auch nicht weit her."