XXXVIII
Chodowiecki,
Ein durch unglückliche Versuche verarmter Stempelschneider und Dosen-
stecher, Namens Nicolaus Fonvielle, unterstüzt von den Mitgliedern der fran-
zösischen (Jolonie, kam öfter an den Vergnügungsort, wo sich Abends die Mit-
glieder versammelten, und wusste durch heitere Laune die Gesellschaft zu
unterhalten. Da das Würfelspiel „ le passe dix " ihm Vergnügen machte, liess
man ihn gern gewinnen. Dieser Mann war hässlich und verwachsen. Er wurde
von Chodowiecki , nach seiner gewöhnlichen Art, unvermerkt gezeichnet, und
um den Scherz zu vervielfältigen, entschloss er sich , diese Zeichnung zu ra-
diren. Umjedoch den Gegenstand seines Scherzes nicht doppelt zu verletzen,
setzte er auf das fertige Blatt eine fremde Adresse. Dieser erste Versuch mit der
Radirnadcl fiel indess nicht zum Vortheil des Künstlers aus. Mit der Führung
der Nadel, und noch mehr mit der Stärke des Aetzwassers unbekannt, missrieth
ihm diese Arbeit, und sie fiel zu schwach aus. Chodowiecki aber war nicht der
Mann, der sich durch einen misslungenen Versuch abschrecken liess. Ohne
fremden Beistand suchte er vielmehr die Ursache aufzufinden, wodurch seine
Arbeit missrathen war. Daher wurde die Platte noch einmal vorgenommen,
und sie gedieh zu seiner Zufriedenheit (s. Verzeichniss Nr. 1). f)
Chodowviecki muss in keiner näheren Berührung mit dem berühmten
G. F. Schmidt gelebt haben, denn dieser Künstler, der die Radirnadel so meister-
haft führte, würde ihm sicher alle Vortheile mitgetheilt haben. Es lag indess
noch nicht in Chodowieckfs Plan, sich einem Fache zu widmen, das er in der
Folge selbst mit so vieler Meisterschaft betrieb. Ihm genügte es, seine Arbeiten
durch den Druck vervielfältigt zu sehen , und ohne noch die Absicht zu haben,
seine Lage dadurch zu verbessern, verfertigte er in verschiedenen Zeiträumen
die russischen Gefangenen (Nr. 12), f") Friedrich II. zu Pferde (Nr. 9), und
den (Nr. 13); da. er aber den Grabstichel nicht zu führen ver-
stand, dieses Mittel, die Töne in den radirten Platten zu vervielfältigen und die
Schatten zu verstärken, so sah er sich genöthigt, in den angeführten Platten
die Schatten durch mehrmaliges Aetzen hervorzubringen. Dasselbe Verfahren
musste er bei dem Viehstück Nr. 26 anwenden. Das Bildniss der Prinzessin von
Oranien ist mehrere Male überradirt und geätzt, so wie auch die auf die Ver-
niählung derselben sich beziehende allegorisehe Darstellung.
Zu No. 16 50 lässt derHerausgeber dieses aus den ihm vorliegenden schrift-
lichen Mittheilungen der Familie und Freunde des Künstlers die nachfolgenden
theils künstlerischen theils historischen Beiträge hier wörtlich abdrucken.
N0. 1G. Ohne eine besondere Zeichnung auf grundirterPlatte radirt. Diess
Blatt gab einen erfreulichen Beweis von der Sicherheit und Festigkeit seiner
Hand; indessen liess er nach wenigen Abdrüeken die Platte abschleifen, weil
Manches darin Anstoss fand.
No. 17, 18. Unter den vielen Freunden und Gönnern Chodowieckfs war
auch der reiche Banquier D., ein grosser Kunstliebhaber und Förderer der
Künste; er besass viele Kunstwerke, sammelte jezt auch dieses Künstlers
Arbeiten, und liess mit vieler Älieutseligdieit seine bedeutenden Sammlungen
sehen. Im Besitz der fast vollständigen Rembrandfschen Kupfer und Original-
i") Die Platte von dieser No. 'l sowie von No. l liess der Künstler nach wenigen Abdrücken
ausschleifcn.
a") Als Vaterländische-s brachte es grossen Absatz, erschöpfte die Platte, sowie No. S) bald,
und wurden gute Abdrücke baldseltcn.
"Ü Vergleiche hierzu im Verzeichnisse die Noten 751i, 7., S, 16, IS, 15), 2], 24 und fernere, welche
über die fortschreitende Thäligknit des Künstlers mit seinen eigenen Worten einigen Aufschluss geben