XXXVI
Chodowiecki,
Kunst beschäftigte. Akademische Figuren, welche Haid besass, wurden ge-
zeichnet, und da Chodowiecki in der Lage war, sich mehrere gute Kupferstiehe
nach Watteau und Boueher anzuschaffen , Meister, welche er vorzüglich
schätzte, denn der erstere gefiel ihm wegen der (Jharakterköpfe, der gut
gezeichneten Hände und Füsse, der andere wegen der geschmackvollen Zu-
sammensetzung, und der Weichheit der nackten Formen, so übte er sich
nach diesen (damals ausserordentlich beliebten) Mustern.
Da er nunmehr einen bessern Weg verfolgte freilich vom richtigen noch
weit entfernt, so wurde es ihm nicht schwer, seinen Bruder bald zu über-
treffen. Dieser arbeitete, ruhig seinen gewohnten Pfad vor-folgend, für den
Oheim fort, und gefiel sich in kleinen Darstellungen. Daniel aber empfand
WVitlerivillcn gegen das fernere Copiren, und versuchte sich in eignen Com-
positionen, welche der Oheim für Meisterstücke anerkainntc. So wie er hier
innere Genugthuung fühlte, und das äussere Lob ihm schmeiehelte, entfesselte
er sich immer mehr von den Verhältnissen, woran ihn bis jezt kleinliche Vortheile
gebunden hatten, und da n1it dem Vertrauen, welches er in sich setzte, sein
Muth an Festigkeit gewann, so wagte er es, den Maler Pesne zu besuchen, der
ihn liebreich aufnahm. Schon früher sah er in Potsdam Werke dieses Meisters,
wenige von italienischen Künstlern, mehrere von Watteau, Lancret, Dietrich u. a.
Die früheren Kunstschätze in Berlin waren durch den Brand der Akademie 1742
zu Grunde gegangen, und mit ihnen alle Zeichnungen, Kupferstiche und Gyps-
abgüsse. Zwar wurde dieselhe 17-15 wieder errichtet, allein es waren so wenige
Mittel zur Erhaltung derselben vorhanden, dass Lesueur auf eigene Kosten für
Feuerung und sonst nöthigen Bedarf sorgen musste. Dass bei so bewandten
Umständen für die Ausbildung junger Künstler wenig gethan wurde, lag in der
Sache selbst, und da der bald erfolgte Tod von Pesne unsern Chodowiecki einer
nützlichen Bekanntschaft beraubte, so befreundete er sich mit Falbc, Glume,
Meil, Reclam und Rode. Auch Frisch und Lesueur gehörten zu seiner Be-
kanntschaft. Roden schätzte er, als genialen Künstler, vor allenf)
Im Jahr 1755 verheirathete er sich mit Demoiselle Jeanne Barez (älteste
Tochter eines geschickten Berliner Goldstickers). Seine und seines Bruders
Hochzeit wurden an einem Tage gefeiert. Da er mit dieser Verbindung auch
andere Pflichten zu erfüllen übernahm, so musste er jetzt auf vermehrte Er-
werbsmittel denken. Die Mode, in Emaille zu malen, war durch die schlechten
Muster, deren man sich bei derselben bediente, so herunter gesunken, dass
man sie nicht mehr achtete. Chodowiccki war ohnehin des fortwährenden
Dosenmalens überdrüssig, und da er schon früher Versuche im Miniaturmalen
gemacht hatte, so wagte er es jezt, sich öffentlich in dieser Gattung von Malerei
zu zeigen. Das erste Bildniss, das er ausführte, war ein Herr v. Burgdorf.
Dieses Gemälde fand Beifall, denn es strebte nachWahrheit, welche nur durch
Im Jahre 1754 versuchte Chodoiviecki auf Zureden von Gottlieb Berger, ein mittelmässiger
Kupferstecher hauptsächlich Sehriftstecher und Drucker, Vater von Dan. Berger, der den jungen
Künstler wegen seiner schönen Arbeiten schätzte, auf Kupfer zu radiren. Nach einigen Versuchen
legte er aber diese Arbeit. bei Seite, denn er fürchtete die Leichtigkeit seiner Hand zu verlieren,
welche er zum Zeichnen und Malen erhalten musste. So wenig glänzend indess auch seine Lage
war, verwandte er doch einen Theil seines Einknmmens auf geistige Ausbildung, nahm wissen-
schaftlichen und andern Unterricht. Die französische und deutsche Sprache erlernte er nach Regeln,
las ältere und neuere gute Schriften mit grnsser Aufmerksamkeit, wozu er den Abend und einen
Tbeil der Nacht benutzte, da er bei Licht seiner Augen wegen nicht arbeiten mochte, Bei seine;-
glitckliehen Auffassungsgabe und lebhaften Einbildungskraft entwarf er beim Lesen viele ihn an-
sprechende Scenen , Situationen, und erlangte schon damals Leichtigkeit im Compouiren. Treifend
und ausdrucksvoll war Alles , obgleich nur leicht skizzixt.