Volltext: Friedrich Preller

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AKAm 
EMISCE 
JAHRE 
ANFWERPEN 
UND 
MAILAND. 
vVOH Goethe ging ich niemals weg, ohne eine Anregung 
oder eine gute Lehre mit nach Hause zu bringen. Da ich 
von Zeit zu Zeit die in der Natur gefertigten Blätter, die 
farbigen sowohl, als die mit Blei gezeichneten, dem ailten 
Herrn vorlegte, kam ich einmal an einem Vormittage mit 
meiner Mappe zu ihm. Er setzte sich an seinen gewöhn- 
lichen Platz am grossen Tisch, nahm mir die Mappe ab, 
liess mich neben sich sitzen, und sah ruhig Blatt für Blatt 
durch, ohne einen andern Laut, als das gewöhnliche, sehr 
hörbare, Hm! Beim letzten Blatt rausperte er sich, und 
zwar so stark, dass ich einen Schreck bekam, und begann 
folgendermasseil: Ich sehe mit wahrer Freude, dass Ihnen 
die Natur am Herzen liegt, doch damit Sie sich mit ihrem 
Wesen im Ganzen vertraut machen können, will ich Ihnen 
einen Rath geben. In der ganzen Natur ist kein Produkt, 
heisse es wie es wolle, ohne irgend eine Beziehung zu 
einem anderen, in seiner Nähe stehenden. Um Ihnen ein 
durchaus deutliches Beispiel zu geben, merken Sie genau 
auf beisammen stehende Biiume oder geringere Pflanzen. 
Die, welche dicht beisammen sind, entwickeln sich ganz 
anders, als solche, welche grösseren Raum zwischen sich 
haben. Auch der Boden, auf welchem sich die Pflanze 
entwickelt, ist von höchster Bedeutung, daher muss der 
angehende Künstler auch nach dieser Seite hin die Augen 
wohl aufthtln. Ich sehe, dass Sie die Gegenstände alle 
scharf charakterisiren, es sind aber herausgerissene Einzel- 
heiten. Zeichnen oder malen Sie niemals irgend einen 
Gegenstand allein, sondern fügen Sie stets seine nächste 
Nachbarschaft bei, und wenn das oft auch nur mit ein 
paar Strichen geschieht. In kurzer Zeit werden Sie schon 
bemerken, wie sich Ihre Kenntniss der Natur ewveitert
	        
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