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KAMPF
UND
VERLUST
DIE
CARTONS
ZUR
DRITTEN
ODYSSI
sich mein Leben gestalten soll, ich weiss es nicht. Marie
war eben die Seele, welche Alles erwiirinte und belebte.
Ich fühle mich so verlassen wie ein hülfloses Kind, das
ohne die Muttersorge vergehen muss. Ich lebe ohne Ge-
danken an Anderes, als an sie, ich verfolge in trostlosester
Unruhe ihre Spuren und komme nicht aus dem Jammer
heraus. In Sehnsucht blicke ich oft nach meiner Arbeit
und das ist die einzige Hoffnung auf einige Ruhe für die
Zukunft. Soll ich noch so lange ohne sie leben, so will
ich die Odyssee als ein Denkmal ihres Wirkens hinter-
lassen. Der Gedanke, dass dies Werk nicht ohne ein
bedentungsvolles Dazwischenkommen entstehen werde, ist
eine schreckliche Wahrheit geworden. Ich hatte aber am
wenigsten an Mariens Scheiden, vielmehr an das meine
gedacht. Dass sie uns verlassen würde, war mir vierund-
zwanzig Stunden vorher noch tinglatiblich, ich sah in
ihrem Zustande noch eine Besserung. Wie ihr Zustand,
war zwischen ihr, dem Arzte und meiner Schwester ein
Geheimniss geblieben, bis den Tag vorher. Sie hatte Beiden
das Versprechen abgenommen, mir Alles geheim zu halten,
sie wüsste genau, dass ich dieser schrecklichen Gewissheit
unterlegen wäre, hätte ich sie mit mir herumtratgen müssen.
Sie starb ruhig und war bis zuletzt bei klarem Bewusstsein.
Ihr Begrabniss kann ein Beweis sein, wie sie nach allen
Seiten hin verehrt und geliebt wvurdea.
Der Gedanke, der geliebten Verstorbenen durch sein
YVerk, dessen fördernde Anregung ihr gehörte, ein Denkj
mal zu setzen, kehrt in seinen Briefen mehrfach wieder.
Seinen nächsten Geburtstag verlebte er einsiedletisch. vEs
war das erstemal (schreibt er der Freundin), dass mir an
diesem Morgen meine Marie nicht entgegen kam, mit