Volltext: Friedrich Preller

ITALIENISCHE 
TAGEBÜCHER. 
NEAPE] 
SORRENI": 
ÄAPRL 
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Stztngen ihre Last balanciren. Eben bemerkt Friedrich, 
dass der grosse Prachtbnu mit einem Strick an unsrem 
Balkon befestigt ist und sicher ciuvonHiegen würde, wenn 
man denselben durchschneiden wollte. Sobald die Bau- 
künstler ihre Herrlichkeit verlassen, linder sich die Jugend 
ein und betrachtet sie als ihr Spielzeug. Dies ist besonders 
gegen Abend der Fall, wo die Hitze abnimmt, und sehr 
ergötzlich. Unsre Wohnung liegt auf dem einzigen Platze 
von Sorrento und dieser ist natürlich der Tummelplatz 
der ganzen Bevölkerung, männlichen und weiblichen, von 
Eseln, Carrossen und Thieren aller Art. Alles schreit bei 
der Arbeit, beim Spiel wie beim Faullenzen, und oft ist 
das Getöse so gross, dass wir in die entlegensten Zimmer 
fliehen. Oft kommt mir's vor, als hatt ich nie so viele 
Kinder beisammen gesehen. Auffallend in Italien, und be- 
sonders in Neapel und Umgegend ist, dass sich alle Stande 
mehr mischen und tmgenirt nähern, als im Norden. jeder 
hat gleiches Recht, thut was ihm gefällt und fragt nicht, 
ob er nicht hundert Andern neben sich lästig ist oder mehr. 
Dies Leben und Treiben kann sich Niemand ohne die eigne 
Anschauung vorstellen. Die Kinderspiele, besonders für 
die kleinen Mädchen, zeigten schon gestern Abend den 
Charakter des uns bevorstehenden Festes an. Ich hörte 
durch 
allen 
L ärm 
hindurch 
eine 
Art 
Litanei 
Kinder 
stimmen. Ans Fenster tretend sah ich eine Menge kleiner 
Mädchen vorüber ziehen, das vorderste trug einen Stock, 
auf dem eine Orangenschale hing, die übrigen folgten 
paarweise und so bewegte sich der Zug singend durch 
die Menge, bis eine Schnur Jungens heranstilrmre und die 
Prozession auseinander sprengte. Schallendes Gelächter von 
allen Seiten, die Prozession war vorfibera. 

	        
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