ITALIENISCHE
T AGEBÜCHER.
NEAPEL,
SORRENT,
CAPRI.
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armen Nordländeiwi so selten bescheert ist, die Natur in
ihrer grössten Schönheit zu beschauen. Die antike Trito-
nenwelt tauchte im modernen Leben noch einmal vor
UNS
alllfa
nDa es Mittag geworden, hatten wir Alle das Bedürf-
niss, ein Glas Wein zu trinken, und so geriethen wir,
dasselbe suchend, in eine interessante Hänslichkeit. Unsre
übermiissig dicke Wirthin war Mutter von zwölf Kindern,
selbst noch schön von Gesicht. Am LIHZlChCDLlSICH aber
war eine ihrer erxxiachsenen Töchter, eine schlanke wunder-
schöne Gestalt, mit herrlichem Kopf, die im Ausdruck
etwas schwermiithig Schwarmerisches hatte. Sie bewegte
sich gemessen, weich und reizend bei jedem Anlass. Bald
fanden sich wieder allerlei Netigierige, besonders Knaben.
Eine l-"rau mit einem rafaelischeii Kinde auf dem Arme,
ergrirl das Tamburint) und sogleich setzten sich zwei
junge marinari in Bewegung. Wir sahen den Saltarello in
hübscher und in immergrösserer Abwechselung tanzen. Bald
mischten sich auch die Knaben ein und diese amüsirten
uns durch die possirlichsten Sprünge. Nach eingenomme-
nern schlichten Mahle nahmen wir Abschied, bestiegen die
glühenden Sattel und traten den Rückweg 21110.
nAuf der Höhe wieder angeltommen, hatte ich grosses
Verlangen, die Insel Capri von hier aus zu sehen, da sie
von diesem Punkte aus in starker Verkürzung vor uns
liegen musste. Wir bogen also links von der Strasse ab,
kamen nach dem Örtchen Termini und erreichten unsern
Zweck xiollltommen. Die Insel lag in ihrer phantastischen
Form, aber etwas lremdartig, vor uns ausgebreitet. Auch
hier wurde eine Linie gezeichnet und dann der Rückweg
weiter verfolgt, der, obgleich wir ihn diesen Morgen erst
ROQEI-TFTE. 17