ITALIENISCHE
Ilacßßücnzlz.
NEAPEI-v
SORRENT,
CAPRI.
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4 Pfennige.) Zur Versendung wird sie unreif gepflückt,
daher haben wir im Norden keinen Begriff von ihrer Süsse
und Lieblichkeit. In jetziger Jahreszeit ist sie in Wahrheit
nur der erquicltlichste Saft, und wir geniessen sie zu jeder
Tageszeit. Mit einem gewissen Schauder denke ich an
die Frucht, wie w'ir sie bei uns mit Zucker geniessen.
Noch eine andre schöne Frucht ist der HCSpCl'lLl6l1-Apft!l,
der sehr saftig und etwas säuerlich ist. Wir kosten davon
meist Mittags zum Nachtisch. Die Luft, stundenweit um
Sorrento, duftet 111g und Nacht von Zitronen und Orangen,
und nirgends sonst hat man das Gefühl vom Süden in so
hohem Grade, wie hiem.
nDa heut die Kirche eins ihrer unzähligen Feste feiert,
begann das Schiessen schon Morgens um j Uhr. jetzt
um 7 Uhr ist der Platz mit Verkäufern von Frucht und
Gemüse aller Art gefüllt, und das Geschrei sinnvei'xxiiri'eiidi
Käufer, Kinder, Hunde, Esel und Mönche dräng'en und
laufen durcheinander, als hätte jeder Einzelne die noth-
wendigsten Geschäfte. Hunderte sitzen in glühender Sonne
und freuen sich des Lebens, der Bettler so vergnügt wie
der Bemittelte, dieser vor dem Kaifeehause, jener auf
staubiger Erde. Alle Fenster an der Schattenseite sind
geöffnet, die gegen die Sonne geschlossen. Die heissesten
Stunden verbringt man zu Hause mit lesen oder schlafen.
Dass der Italiener, wenn er nicht arbeiten muss, am liebsten
im Genuss seines göttlichen Klimas schwelgt, linde ich
sehr begreiHich. Langeweile in solcher Natur würde mich
eine lange Zeit nicht plagen. Das Studium der sich herum-
treibenden Menschen, bei ihrer Lebendigkeit und Origi-
nalität, ist so vielseitig interessant, dass Tage und Wochen
Flügel zu haben scheinen a.