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ITALIENXSCHE
TAGEBÜCHER.
NEAPEL
SORRENT,
CAPRI.
grade von Sorrento die langweiligsten Bilder in alle Welt
zerstreut. Der Maler Götzlolf (ein Sachse), in Neapel an-
siissig, hat die Ansicht Sorrentos von Capo die monti aus
46 mal wiederholt. NVas bei wenig Talent und solcher
Fabrik herauskommen muss, ist wohl begreiHich. In Neapel
ist überhaupt wenig Kunstsinn zu finden, auch hat diese
Stadt selbst in der Blüthezeit wenig Künstler von einiger
Betleutting aufzuweisen. Andrea di Salerno ist der ein-
zige, den man als würdigen Vertreter dieser Schule nennen
könnte. Er erinnert in vielen Stücken an römische Schule,
im besten selbst an Rafael. Die Galerie in Neapel hat, so
viel ich weiss, nur zwei Bilder von ihm u.
(SQrrQnt, 31, Mai) nSorrents Umgebung ist theil-
weis grossztrtig in ihrer massenhaften Felsenbildtmg, theils
aber auch höchst fein und immuthig, und wer es von dieser
Seite recht zu nehmen wüsste, dürfte diesem kleinen Para-
diese wohl das Beste abiinden. In den letzten Tagen fuhren
wir (ifters nach Capo di Sorento, da ich dort einige mir
sehr werthvolle Studien gefunden habe. An einem dieser
Tage ging die See hoch und wir hatten viel Noth, an
einer geschützten Stelle an Land zu kommen. Unser
Nlühen wurde aber an Ort und Stelle aufs beste belohnt.
Obgleich die Luft sehr dunstig und wenig bewegt war,
so bildete am iiussersten Ende des Caps die See eine Bran-
dung, die an Pracht und Grosszirtigkeit in Bewegung und
Farbe Alles Libertraf, was ich in dieser Weise jemals ge-
sehen. In solchen Momenten habe ich die Nordsee viel
gesehen und unwillkürlich kommt man zu einem Vergleich.
Aber wie verschieden, unter ganz ähnlichen Bedingungen,
ist die Nordsee vom Süden! Die Nordsee in ihrem höchsten
Ernst möchte ich mit einer Schicksalsgöttin vergleichen,