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ITALIENISCH!
T AGEBÜCHER.
SORRENT,
NEAPEL,
CAPm.
Lage und dazu bequem, was besonders für die Damen An-
nehmlichkeiten hatte. An dem Sohne des Wirthes, einem
jungen Maler, der in Neapel seine Studien machte und sich
auf Besuch zu Hause befand, gewztnn die Gesellschaft oft
einen der Gegend luintligen Begleiter.
Sorrent, 27. Mai 1860. nGestern bestiegen wir eine
Brlrke mit zwei Jungens, deren einer so schön wie ein
Adonis ist, und fuhren gegen Capo di monti. Das Wetter
war so klar, die Luft so süss und das Meer vom reinsten
Ultramarin. Wer kann die Wonne mit Worten schildern,
in der man über die blauen Wogen dahinschaukelt. Wie
ich verniuthete, traf ich viele Stellen, die mir zu meiner
Arbeit förderlich sein sollten. Vor dtreissig jahren schon
Gesehenes bewunderte ich wieder und begrüsste manchen
Ort als alten lieben Bekannten. Form und Farbe der
Gegenstände sind hier von seltener Reinheit und Schönheit.
Die Mutter, Friedrich und Olinda jauchzten von Zeit zu Zeit
auf. Unsre kleinen marinari brachten uns in die Grotten
und unter reizcndem Gesang endlich den weiten Weg zu-
rück. Hier erst bckolnmcn die POCSiCCH der alten Dichtcr
Leben und Vxfirklichkeit, ja num könnte sich wundern, dass
uns nicht hcut wie danmls Sirenen und Nercicien locken
und necken. Innerstes Glück
schcs Vaterland wohnt haut
Liebe für sein paradiesi-
damals im Volke. Die
und
wie
Menschen sind hier wieder schöner als in Neapel und über-
aus liebenswürdig, dabei einfach und, wenigstens schein-
bar, ehrlich. Mit Sonnenuntergang kamen wir zur kleinen
Niarine zurück und hatten hier grosse Freude an den beiden
Burschen, die uns gefahren. Wir warfen nämlich kleine
Geldstücke in die See, welche hier bedeutend tief ist. Wie
der Blitz flog der Kleine hinterher und verschwand in der