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ITALIENISCHE TAGEBÜCHER.
Rom.
OLEVANO,
FLORENZ,
nung steht nicht mehr in diesem Gleichgewicht, obgleich
sie theilweis grossartiger ist; Farbe und Wirkung dagegen
von höchster Schönheit, sowie überhaupt hervorragende
Stellen darin sind. An diese Arbeiten schliesst sich der
Burgbrand. Hier ist Alles gross in Form und Behandlung,
der Ausdruck lebendig und ergreifend a.
nSO sieht man in den Stanzen ein grosse Periode von
Rafaels Leben, die von Florenz ausgehend, sich zur fast
höchsten Höhe steigert. Nur mit den Tapeten hat er
noch einen Schritt gethan, und nach meiner Ueberzetigung
seinen Gipfelpunkt damit erstiegen. Ob es möglich war,
noch höher zu steigen, würden wir nur glauben, wenn uns
noch Höheres Vorlage. Ist alles Gleichzeitige, z. B. in den
StalTeleibildern, nicht von gleicher Bedeutung, so matg die
Ursache davon in der Ueberhäufung seiner Aufträge und
der damit in Verbindung stehenden Zersplitterung seines
Genies liegen. Bei seiner beispiellosen Thätigkeit konnte
eine Ueberreizung seiner Seelenkräfte nicht ausbleiben und
so musste einer der xrollkommensten Menschen erliegen.
Verfolgt man den Gang seines Lebens, seiner Entwicklung
und "fhiitigkeit, mit den unzähligen hohen Werken seines
Geistes in Italien, so muss man sich sagen, dass er unter
die beglücktesten und beglückendsten Erscheinungen ge-
hört, soweit die Geschichte reicht. Dem ganz übereinstim-
mend ist seine Erscheinung. Es ist wohl nicht möglich, eine
menschliche Bildung in der Jugend anmuthiger und geist-
reicher, im männlichen Alter schöner zu denken. Voll-
endung der Form, geistige Tiefe und Klarheit, scheinen uns
in seiner Person ein und dasselbe zu sein, in der Voll-
endung seiner Kunst wiederholt sich das. Damit wird es
uns begreiflich, dass sein Erscheinen überall wie ein Zauber