ITALIENISCHE
TAGEBÜCHER.
FLORENZ,
RoM.
EVANO,
2II
besonders in der rechten Seite, die er wahrscheinlich zuletzt
malte. Dies sichtbare Aufwiirtsstreben beschäftigt uns, ohne
dass wir uns eigentlich darüber eine Frage vorlegen. Mit
welcher Raschheit Rafael sich aufgeschwungen, beweist er
schon im ersten Bilde, wo das letzte Theil das erste schon
weit überragt. Dies Bild ist wirklich am besten erhalten,
und theilweis tritt uns die herrlichste Vollendung klar und
ungetrübt entgegen. Das vollendetste Werk der drei Zim-
mer ist für mich die Schule von Athen, was leider mehr
gelitten llllt, als die Uebrigen. Die grosse Schwierigkeit
des Vorwurfs konnte nur ein Rafael überwinden. Darüber
haben viele tüchtige Leute berichtet, und ich berühre mir
zur Erinnerung nur Folgendes: Rafael ist hier im schönsten
Gleichgewicht aller Theile. Die Charaktere der einzelnen
Figuren sind sämmtlich bedeutend, scharf und tief im Aus-
druck dessen, was sie sollen. Die Zeichnung ist grossartig,
tadellos schön und breit in allen Theilen. Die Drapirting
edel in den Motiven, lebendig in der Bewegung und ein-
iich in den Maassen. Die Farbe des Ganzen und Einzelnen
ist schön, leuchtend und harmonisch, sowie in der Ver-
theilung höchst meisterhaft. Das Ganze erscheint ursprüng-
lich, sicher und frei. Alle Hindernisse sindüberwunden,
das erhebendste und erfrischendste Kunstwerk steht vor
uns. Geht man in die Einzelheiten ein, so ist jede Figur
ein Studium nach jeder Seite hin, und dieser Genius über-
ragt Alles, was wir im Gebiet der Künste vor Augen haben.
Niichstdem möchte ich die Messe von Bolsena nennen.
Sie stimmt am meisten mit der Schule von Athen überein.
Unter den Hauptbildern kommt dann wohl der Attila. Im
Heliodor ist der malerische und dramatische Theil vor-
herrschend, Strenge und theilweis Schönheit der Zeich-
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