TAGEBÜCHER.
ITALIENISCHE
FLORENZ,
OLEVANO,
Rom. 209
aus wuchs in meiner Vorstellung sein göttlicher Genius
bis ins Unermessliche und mit der Ueberzetlgttng, dass die
Kunst nie einen vollltommneren Meister besessen, der
Natur keine höhereVerklärung durch einen Menschen
werden kann, als ihr durch Rafael wurde, verliess ich den
merkwürdigen Ort. Mit vollem Recht preist man den,
der in Roms Mauern sich bewegt, einen Glücklichen. Dieses
Glück empfinde ich jede Stunde und bin dem Himmel da-
für dankbar. Wie ist es möglich, dass Einer in den Künsten
zur Klarheit kommt, der Rom nicht längere Zeit sah?
Und wir es Rafael allein, von dem wir eine Zeichnung
oder ein einzelnes Bild zu sehen, schon für ein Glück hal-
ten, dessen Leben und Entwicklung, dessen ganzes Wirken
und Schaffen wir in Italien vor Augen haben. Wir sehen
ihn von Perugino ausgehen, seine jugendzeit in Florenz,
die Einwirkung des Fra Bartolomeo und seine so entstan-
denen herrlichen Schöpfungen, verfolgen ihn nun auf sei-
nem Wege nach Rom, wo er unter julius II. beginnt, einen
höheren und höchsten Flug zu nehmen. In den Stanzen
ist er dem Höhepunkt, welchen er in den Tapeten erstiegen,
Schon nahe, und so sehen wir Schritt vor Schritt das Leben
und Streben des höchsten Genius in der Kunst vor uns
ausgebreitet. Mancher wird sagen, dass alles Bedeutende
Von Rafael gestochen und seine Laufbahn auch im Norden
uns klar werden kann. Es ist doch nicht zureichend, denn
Rafael als Maler ist von allem Uebrigen nicht zu trennen,
und wenn junge Künstler meinen, sie thun genug, ihn als
Komponisten zu studiren, so begreifen sie nur einen Theil
dieses einzigen Menschen, denn er war als Colorist und
Maler ebenfalls der Grösste, und bei ihm lasst sich das
Eine ohne das Andre nicht denken. Diese höchste Be-
ROQUtTTE. 14