Volltext: Friedrich Preller

ITALIENISCHE 
TAGEBÜCHEII. 
F LORENZ, 
QLEVANO, 
Rom. 
20j 
Romano ist das Einzige, was besteht. NÄChSTiLiCIII sind 
Tizian und Domenichino noch die Einzigen, welche aus- 
h-aiten können, alles Uebrige verschwindet oder wird durch 
Rafaels hell strahlendes Licht verdunkelt a. 
nHeut (26. Nov.) sahen wir die Galerie Sciarra, die 
zwar klein, aber einige vortreHliche Bilder besitzt. Vor 
allen andern wär wohl der Violinspieler von Ratfael zu 
nennen. Man sagt, es sei das Bildniss eines seiner Freunde, 
der bedeutender Musiker gewesen. Das Bild ist durch 
Stich wohl aller Welt bekannt, doch wer das Original nicht 
gesehen, hat keinen Begriff dieses hohen Kunstwerks. Ich 
für meine Person glaube, dass dies das vollkonnnenste 
Porträt der Welt ist. Das lebende Original war ein schöner 
blassbräunlicher Jüngling, der etwas unbeschreiblich An- 
ziehendes im Ausdruck hat. Wie das Bild angeordnet und 
die Person aufgefasst ist, zeigt vom allerfeinsten Sinn und 
grösster Meisterschaft. Ein neben ihm stehendes Porträt 
von Palma, welches im grössten Farbenaufwand prangt, 
fallt ins Nichts zusammen, obgleich der Geiger nichts von 
auffallender Farbe, sondern nur einen still graubrätinlichen 
Ton hat. Ein tief inneres Seelenleben tritt uns in schöner 
Form entgegen, und das gibt ihm bald Uebergewicht über 
alles Andrea. 
Nach einem späteren Besuch in der Galerie Sciarrat 
(23. Jan. 1860) notirt Preller: n Ich komme nochmals auf 
den Violinspieler von Rafael und mit ihm auf ein berühmtes 
Bild von Tizian (jetzt Palma genannt). Beide Bilder stan- 
den gestern im besten Lichte, und ich suchte mir klar zu 
machen, worin es wohl liege, dass neben Rafael nichts 
aushält. Rafael hat, so erscheint mir, hier nichts gesucht, 
als das eigentliche Seelenleben des schönen jünglings, wie
	        
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