ITALIENISCHE
TAGEBUCH]
FLORENZ,
OLEVANO,
Rom.
201
abgeht. Dies ganz einzige Bild ist von allen am besten
ltonservirt, und hat mich diesmal, mit der Messe von Bol-
sena, am meisten angezogen und dauernd beschäftigt. Mir
scheint, in diesen beiden Werken sähe man den Rafael
nicht allein mit seiner ganzen Meisterschaft, sondern sogar
mit der ganzen Liebe für den Gegenstand, was lange "nicht
in allen so sichtbar ist. Der Parnass, sieht man ihn un-
gestört, versetzt mich wenigstens, in eine Feierlichkeit,
die ich mit nichts vergleichen kannte
nln den Loggien überkommt mich immer eine Trauer,
dass diese herrlichen Arbeiten (besonders die Arabesken)
ihrem totalen Ruin immer mehr entgegen gehn. An eine
Restauration ist nicht zu denken. Welche Pracht muss
es gewesen sein, als Alles noch frisch und sichtbar War!
Die Arabesken sind mit mehr Liebe und gleichmiissiger
behandelt, als die Bilder selbsta.
nDiesen Morgen (9. Nov.) waren wir in Trastevere,
um in der Farnesina die Deckengemälde des Rafael zu
sehen. Obgleich im grossen Saale von seiner Hand wenig
oder gar nichts gemalt ist, muss das Ganze, vor der mehr-
maligen Restauration doch einen zauberhaften Eindruck
gemacht haben. NVas kann wohl anmuthiger sein, als die
Geschichte der Psyche? Die Alles durchdringende Anmuth
und Heiterkeit des Rafael, von dem die Kompositionen
sind, konnte auch durch die gewissenlosen Künstler, welche
ihre Hand anlegten, nicht ruinirt werden. Trotz so vielen
tiniichten, stehen doch noch viele Theile in ihrer tirsprüng-
lichen Schönheit, und diese athmen rafaelischen Geist in
reicher Fülle. Unter den Lünetten sind die herrlichsten
Gedanken und Compositionen, z. B. Jupiter kneift dem
Amor in die Wangen und küsst ihn. Niemals hat wohl