BÖCKLINS ÄSTHETIK 55
dies Sichkümmern um ihre alten Hosen und Stiefel, Runzeln
und Warzen.
Ohne Übersetzen, Beherrschen, Verdauthaben, Extrahieren
des Stoffes ist von Kunst nicht die Rede.
M. war auch an der Riviera gewesen und konnte mit
seinen Studien beweisen, wie es da aussah, genau da z. B., bei
dem und dem Himmel, um 21]: Uhr, am 16. Mai u. s. w.
sagt Böcklin, „aber darum, um das zu wissen, reist
man doch nicht nach Italien. Wenn da für den Menschen und
Künstler keine höhere Anregung und Wahrheit zu holen ist,
genügen ja von nun an die Studien, die ganz echt aussehen".
Böcklin hat die Courage, seine Vorstellung darstellen
zu wollen und meint durch den Versuch, dieselbe darzustellen,
werde erst der Mensch sich seiner Kraft und künstlerischen
Aufgabe gewärtig. Und diese Freude an der Erkenntnis und
Mitteilung, die er hat!
„Nur was machen, arbeiten! Nur sich nicht sorgen, wie
es wird. Lieber was Schlechtes als gar nichts. Überhaupt
nichts Bedeutendes, Endgültiges machen wollen. Nur sich selbst
und seine Freude am Geschauten, Begrilfenen mitteilen!
Marees verrannte sich in die Sackgasse des Sichniegenug-
thunkönnens und machte deshalb nichts, verzehrte sich. Was
thu" ich "mit Leuten, die bloss immer sagen: Heute habe ich
von dem das gelesen, von dem dies gesehen! Selbst was machen!"
„Willen will ich sehen in jedem Strich, nicht Sklaven!"
„Was nicht entschieden ist, wirkt nicht", sagen alle seine Sachen.
„Der andere soll aus meinen Bildern verstehen, was ich
an Natur, Leben etc. genossen habe; also muss ich mir vor
allem klar darüber sein und mich klar ausdrücken können."
„_Iemand, der sich statt des ganzen Eindrucks einzelne
Teile anschaut, halte ich für einen Knoten. Man setzt sich
doch nicht hin und malt Hände und Füsse für irgend jemand."
„Wenn man nur ein paar Farben und Gegensätze hat,
kann man schon in beabsichtigter Weise auf die menschliche
Seele wirken."
Eine klare, knappe, interessante Idee, Böcklin macht
sich eine deutliche Vorstellung davon, wirft alles, was Un-
nötiges daran hängt, weg er kann es ja als reicher Mann
und da habt ihr das Bild.