BÖCKLINS ÄSTHETIK
„Mach' nichts bestimmt, behaupte nichts schon, bevor du
dir nicht ganz klar bist (auch über alle Folgen), dass es dein
ist, das andere sind Skizzen. Sei vorsichtig, suchend, aber
dann mit ganzer Kraft, Tugend. Und es gehört eine Art spar-
tanischer Kraft dazu gegenüber dem Geschmack unserer Tage."
„Man soll jede Vorstellung so hoch als möglich schrauben,
sie bis ans Ende verfolgen. Man soll sie aber auch nicht eher
anpacken, als bis man sie ganz hat, von allen Seiten, und dann
nicht loslassen, bevor nicht die letzten Mittel erschöpft sind.
Man kommt gewöhnlich höchstens bis an die Hälfte des Weges,
dafür ist gesorgt! Die Florentiner wollten ein gewaltiges
heiliges Gotteshaus und kamen bis zu einer schönen Kuppel.
Hildebrand möchte alles in seinem Marmor und bleibt schon
im Anlauf stehen." (Gelegentlich seines Diskuswerfers.)
Bei Böcklin ist alles im Bilde des Bildes wegen da, nicht
seiner selbst willen, alles relativ. Darum erscheint ihm die
Vollendung des Einzelnen sobald er seinen Bildgedanken
ausgesprochen und das Auge gezwungen hat, ihm zu folgen
unnötig, langweilig, falsch. Formen, Farben, alles hat seinen
Zweck, bedingt einander und vermittelt den Ausdruck der Idee,
wie er sie will. Er ist darin der absolute Gegensatz zu Mareesr),
der in seine prächtigen Figuren und Kompositionen alles Mög-
liche und Unmögliche hineingeheimnissen möchte, denen man
alles, was sie je gedacht, erlebt und wert gewesen, ihre Be-
stimmung etc. soll ansehen können, die stets den absoluten
Menschen alles in allem darstellen wollen: Adam und Eva mit
ahnungsvollen Kindern.
Ob oder dass ein Ding an sich, für sich, schön oder voll-
kommen, so oder so sei, ist Böcklin gleichgültig, für ihn steht
es in Reih und Glied, ist es nur da als Hilfsmittel seine Bild-
empfindung zum Ausdruck zu bringen. Es steht nichts müssig
da, um zu prahlen, den Raum zu füllen, hier hat alles und jedes,
ich wiederhole es immer wieder, die Devise: „ich dienä" Und
mehr Diener als er braucht werden nicht angestellt, damit sie
sich nicht im Wege stehen.
Siehe den Abschnitt „Böcklin
und Hans
von Maräes" S. 165.