44 BÖCKLIN-AUFZEICHNUNGEN UND ENTWÜRFE
kennt, über das spricht, wovon er am meisten (intimsten) zu
sagen weiss. Er will durchaus nichts Grossartiges machen. Er
lebt nur von dem einen Gegensatz der gross und einfach
ist zwischen der beschaulichen, philisterhaft befriedigten
Ruhe des kleinstädtischen Marktplatzes und den hineingeworfenen
Versprengten.
3 t i!
Der Künstler ist vor allem ein gesunder Mensch. Nur
der sieht die Welt richtig in seinem Lebensgenuss. Der Kranke
sieht all seine Qual in die Welt hinein und will und kann
andern keine Freude mitteilen. Böcklin macht das Fenster
auf, und die Sonne lässt das Meer erglänzen und lebendig
werden.
Eine weise, offene, zugängliche Kunst, voller Erfahrung
und ohne Geheimnisse (für die, die sehen, den Faden nehmen
wollen), ein staunenswertes, überall stichhaltendes Sich-Decken
und sich gegenseitig Unterstützen zwischen Mitteln im weitesten
Sinn und Zweck Zusammenfallen der beabsichtigten Erregung
des Auges i. e. Aufmerksamkeit des Beschauers und des
Interesses, des Rätselworts des Bildes: gerade da steht das
„Sesam!" (nicht, „wo ist die Katz" wie meistens) also des
sprechenden Ausdrucks des mit dem Ganzen Gewollten.
Böcklin arbeitet wie ein Bildhauer: schon wenn dieser
das Gerüst zusammenbiegt, weiss er ganz genau, was er will,
hat er seine Arbeit in der Vorstellung fertig. Ebenso Böcklin,
wenn er an die Leinwand tritt. Und dann geht's schnell.
Merkt er in der praktischen Arbeit, dass er sich verrechnet
hat, so ist's gleich aus. Weg damit!
Wir können und besitzen ja viel mehr als wir alltäglich
zur Hand haben. E r kommandiert das in glücklichen Momenten
alles mit einander, genau für denselben Zweck.
Wie männlich bewusst, unerschrocken und frei von aller
Gefallsucht ist diese Kunst, diese unbekümmerte, alles, was
nach Geschicklichkeit aussieht, ängstlich vermeidende Malerei
eines Mannes, der seine Zeit vollauf kennt und ganz auf sich
und sein künstlerisch Erarbeitetes angewiesen ist, gegenüber
den Palaisposten voran Anton von Werner und jedem
anderen, der nach rechts oder links und nach den Achselstücken