40 BÖCKLIN-AUFZEICI-INUNGEN UND ENTWÜRFE
tollsten Fabelwesen sind körperlich durchaus organisch
ebenso organisch mit ihrer Landschaft verbunden.
und
Bei jedem Erklärungsversuch der Böcklinschen Kunst
muss man von seiner unbegrenzten Genussfähigkeit gegen-
über der Natur ausgehen, von seinem unerhörten Gedächt-
nis andrerseits. jene lehrt ihn an allem Eigentümlichen und
Sprechenden sich freuen, der Individualität eines Naturmoments
mit künstlerisch geniessendem, verstehendem Auge nachzugehen,
dieses bewahrt ihm das Genossene und sendet aus seinem
Reichtum eine Fülle des Verwandten, sei es des Erlebten oder
Assimilierten, sodass aus geringem Anlass mit rapider Ideen-
association ein Bild vor seinem geistigen Auge entsteht. Das Ge-
dächtnis aber ist die Grundlage dessen, was wir Phantasie nennen.
(Phantasie : Beweglichkeit, Erregbarkeit, Sichtbarwerden
des Gedächtnisses, d. i. der in uns ruhenden Summe von
irgendwie Erworbenem.)
Das Arbeiten aus dem Gedächtnis bringt es mit sich,
dass der Künstler ungebunden von den mit tausend Zufällig-
keiten behafteten Einzel- und Momenterscheinungen, frei mit
dem für ihn Wesentlichen zu schalten vermag, mit dem, was
ihm wirklichen anschaulichen Genuss gewährte, was ihm die
Eigentümlichkeit des Moments aussprach, offenbarte.
Böcklin sagt: "Man darf absolut nichts Unwahrscheinliches
machen. So ein Münchner macht dahinten irgendwo, um den
Raum zu füllen, als 0b es sich um eine Arabeske handle, eine
Fahne, die sohin weht, und Bänder, die andershin flattern.
Und die Schreier nach Natur finden nichts dabei."
Er ist der personifizierte künstlerische Verstand bis in
den kleinsten Strich, bis auf den unscheinbarsten Ton, in jeder
Unterlassung nicht minder. Dieser Verstand ist Herr der
reichsten, unermüdlich selbsterworbenen technischen Erfah-
rungen. In ihrem Kreise hält er, an strenger Longe, den un-
erschöpflichen Vorspann eines allseitigen Gedächtnisses und die
Naturempfindung eines wahren Künstlers.
(„Form und Farbe müssen sich der Idee unterordnen", sagt er.