38 BÖCKLIN-AUFZEICHNUNGEN UND ENTWÜRFE
das gewählte und verwandte Material, müssen die Requisiten
ebenso streng geschlossen dem Ausdruck eines Vorganges dienen,
wie sie ursprünglich wegen eines malerischen Problems er-
funden und verteilt worden sind, z. B. sein Kentaur, der sich
den Huf beschlagen lässt.
„Wie kommen Sie dazu?"
„Ganz zufällig natürlich. Ich dachte nicht daran einen
Witz zu machen, etwas zu erzählen. Mir fiel das plötzlich ein,
und nun muss es herauskommen."
Nach einigen Tagen: „Sie haben das Ganze verändert."
der junge war überflüssig. Der Meister sah nach
der dicken, weissen Kentaurin. Das war falsch und brachte einen
Nebengedanken in das Bild. Er muss den Kopf sachverständig
und überlegend schief halten, nur sehen, wie sich das wohl machen
lässt, während der ganz rohe Bauernkentaur ihm seine Schwierig-
keiten mit diesen ewigen Eisen klagt. Zürich 1885.)
Ohne Sentimentalität und ähnliche Nebenemplindungen
oder Nebengedanken sieht er ausser der Form die Bewegung,
das Leben und sucht es durch die Arbeit zu ergründen; er
sieht nicht nur sie, sondern das Geistige, welches der Form
wie der Gruppe ihren darwinischen wie momentanen Stempel
aufdrückt: er sieht die Scene, die Stimmung, und sucht auch
sie als etwas in der Natur Gesehenes, dieser Eigentümliches, voll
und klar zu entbinden.
Höchste Lebendigkeit, knappstes Zusammenfassen, streng
gefugt, bis zur grössten Einfachheit und doch oder darum Be-
stimmtheit, Sachlichkeit, Deutlichkeit, Klarheit reizbarste
malerische Feinfiihligkeit überall gegenwärtige Kritik, das
ist's, was Böcklin in seinen Arbeiten auszeichnet.
Ich wüsste keine bewusstere Thätigkeit als die, welche
sich in jedem Strich Böcklinscher Bilder ausspricht und
darum erst recht ist das Kunst.
(Keine Zufälligkeiten, auch wenn es frappant so aussähe,
keine Zweideutigkeiten, dabei viel mehr Natur als in den ge-
malten Zufälligkeiten anderer.
Man müsste das doch sehen oder dahinter kommen können:
hier ist alles Absicht, nichts Zufall. Weil das eine so ist, muss