36 BÖCKLIN-AUFZEICHNUNGEN UND ENTWÜRFE
novum, bonum, optimum, die Kentaurenkämpfe, Toteninseln,
Tritonenfamilien, Seeräuber etc. etc.
An Stelle der poetischen Stimmung tritt helle, greifbare
Klarheit; für das Viele ist unerbittliche Einheit und Einfach-
heit eingetreten. Alles ist nach der Seite des rein Sichtbaren
hin lebendiger beherrscht, bewusster hingestellt, im rein male-
rischen Sinn charakteristischer, sprechender geworden. Gerade
diese Wiederholungen beweisen seinen freien Reichtum, sein
unermüdliches Vorwärtsgehen. jetzt (Zürich 1886) malt er
wieder Seeräuber wie bei Schack. Aber keine Idee von Zu-
sammenhang. Ihm tauchen die lange genossenen Küsten und In-
seln Italiens auf, etwa von Porto-Venere bis zu der Ponzagruppe,
und er entledigt sich dieser Erinnerung auf der Leinwand. Aber
er hat noch das Bedürfnis nach etwas mehr, nach kleinen Farb-
flecken, kleinen bewegten Formen, des Gegensatzes halber, ein-
mal, dann aber auch nach einem deutlicheren Aussprechen. Die
Stimmung muss womöglich noch prägnanter werden. Dies wüste,
vom Meer halb aufgefressene Klippengewirr muss in einer
menschlichen Scene sein Pendant, einen adäquaten Ausdruck
finden, der sich deckt im Eindruck wie im Raum ergo See-
räuber und zwar da, wo das Interesse der Konzentration sie
erfordert.
Er mag nicht die blosse Landschaft malen, er will das,
was sie ihm sagt, so deutlich wie möglich dem Beschauer ver-
mitteln.
Seit Schack ist bei ihm alles nach Seite des Sichtbaren
hin charakteristischer, konzentrierter, vollerer Besitz geworden.
Hin und wieder allerdings freut auch ihn die bewegtere, be-
ziehungs- und ligurenreichere, sprechendere Handlung. Aber
auch hier handelt es sich wesentlich um ein rein malerisches
Herrwerden des Sichtbaren, um ein künstierisch-gestaltendes
Geniessen, im einzelnen um grösseres Spiel von Gegen-
bewegungen in den Gruppen, Ruhe und Bewegung, und wie
die dem Beschauer unsichtbaren Mittel zur bewussten Er-
reichung der Wirkung alle heissen, es handelt sich also
auch hier um den Maler, der sich in seiner anschauenden
Laune nicht für gezwungen hält, den Erzähler aufzugeben,
sofern er völlig in den Dienst jenes getreten und nichts mehr
zu fürchten ist.