34 BÖCKLIN-AUFZEICHNUNGEN UND ENTWÜRFE
und sich Zeit nehmen, ist seine Kunst eine Führerin zu den
dunklen Schätzen des eigenen Innern.
Keine Spur von Eitelkeit oder Spekulation, kein Prunken
mit Können und Wissen wie das alles nur die ganz in sich
Ruhenden entbehren können.
Ich kann ihn meinen Lesern daher auch nicht näher führen,
indem ich sein Wurzeln in nationalen Ideen nachwiese.
Das Ausschlachten der Kunst zu patriotischen Zwecken
und damit verbundenen weiteren Annehmlichkeiten lag ihm
schon als Schweizer fern.
Der Staat etc., der Patriotismus mögen sich der Kunst
bedienen, das ist ihr Recht die Kunst ihrerseits aber
muss, um zu sein, was sie sein will, solcher ihr fundamental
fern liegenden Interessen entraten können, muss von ihnen, wo
sie unverfälscht thätig sein will, fernbleiben.
Und ich kenne kaum jemanden, der sich so wenig in den
Dienst ausserkünstlerischer Interessen gegeben hätte, seien sie
noch so empiindsam privater oder noch so bestechend öffent-
licher Natur.
Mit hellen ungetrübten Künstleraugen sieht er seinem Stoff
ins Gesicht. Seine Stoffe (oder besser Anlässe; denn Stoffe,
die ihn in irgend einem Sinne bänden, giebt es für ihn nicht.
Er will keinen Mythos illustrieren, nichts von anderen Ge-
dachtes bindet ihn. Es handelt sich nicht um ein malerisches
Ablinden, Zurechtlegen. Kein Kostüm, keine Ähnlichkeit, kein
Modell zwingt ihn, zieht ihn ab. Keine Forderung oder Vor-
schrift macht ihn seufzen. [Daher nutzt er seine "Steife" auch nicht
aus: z. B. Prometheus f) ohne Najaden, Angelika") ohne Felsen]),
seine Anregungen („Stoli'e") findet er in eigener Anschauung,
eigenem Empfinden und schnell sich ankrystallisierenden, schnell
zuschiessenden Vorstellungen und Erinnerungen (Ideen-
Association, zuschiessende, sich zusammen als Eins krystalli-
sierende, an die Oberfläche des Bewusstseins tretende Ideen,
ja, aber diese Ideen sind rein malerische, sind lebendig
Böcklinwerk Bd. I, 23.
Ebenda, Bd. III, 24 („Ruggiero
Drachen")
befreit
Angelika
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den
Klauen