KÜNSTLERISCHE CHARAKTERISTIK 31
zu malen, oder sich sein Bild von einem andern
durchdenken zu lassen, beschwören zu dürfen. Er
und nirgends unfrei sein.
vor-
kann
resp.
nicht
Böcklin erzählt in seinen Bildern doch nicht eigentlich.
Es ist freilich stets eine gewisse ganz deutliche Handlung da,
oder doch eine sprechende Staffage. Aber jene berichtet
nie über einen historischen oder genrehaften Einzelfall, sondern
sucht unter dem Einzelnen das Allgemeine darzustellen. Nehmen
wir an, er malt eine Schlacht, so wird er sich nicht durch
Waffenröcke und Porträts an den Einzelfall binden, sondern
den sozusagen elementaren Charakter des wilden Ringens dar-
stellen. Höchstens dass er der allgemeinen Bewegung den
Gegensatz eines ruhigen Feldherrn entgegensetzte und dadurch
auf diesen den Blick lenkte, dem Ereignis auch nach dieser
Seite hin seine Individualität wahrte.
Ich denke dabei an Rubens, der es ebenso machte, speziell
an seinen prachtvollen Sieg Heinrichs IV. in den Uffizien.
Schlacht das heisst für ihn Kampf: Alles ist Bewegung,
Verkürzung, überall noch Gegensätze, nirgends breites Aus-
ruhen, Ausgleiche. Gegeben war nur die gepanzerte Figur des
Königs: die hellsten Glanzlichter auf dunklem sehr ausgeführtem
Grund. Alles andere konnte er nun, im Gegensatz zu ihr,
breit und wild gestalten, als freiesten Ausdruck künstlerischer
Absicht, nicht weiter fertig als es zu dieser Grundidee ihm
nötig schien umsomehr blieb trotzdem die Majestät des
Siegers Hauptsache.
Oder im andern Fall: er erhöht durch seine sprechende
Stalfage nur die Deutlichkeit der empfundenen Stimmung, ver-
körpert noch einmal das Angeschaute, hilft ihm zu zweifelloserem
Ausdruck er ist zu reich, um sich mit der blossen Land-
schaft zu begnügen, so sehr er ihrer Herr ist. Er muss die
Natur gleich den Alten vertnenschlichen, beleben, nicht mit
Individualitäten, sondern mit Verkörperungen ihrer Kräfte. Sie
sind nicht ihrer selbst wegen da, sondern relativ, sie helfen seinen
Eindruck ins Grosse, Allgemeine erheben. Es ist nicht bloss
Stimmung auf diese Weise, es sind Naturmythen, die er dichtet.
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