Volltext: Zehn Jahre mit Böcklin

BEI SCHACK UND HEUTE 27 
 
Er musste damals schon ein anderer sein, weil seine 
Kunst, die der Farbe, damals noch nicht getrieben wurde, also 
nicht bekannt war, weil ihm keine Atelierüberlieferungen und 
Traditionen lebendig zur Seite standen, weil er sich folglich, von 
Natur und den alten Niederländern auf ein anderes gehetzt, 
um seine Mittel mit ihnen schlagen musste, bis er sie klar-- 
bewusst besass,  so klar, dass ein heutiges Bild eine erfolg- 
sichere Rechnung ist, an der man keinen Strich hinzufügen oder 
ändern dürfte, ohne zu merken, dass man die überall leben-- 
dige Gesamtabsicht, das Kunstwerk, zerstört hat.  
Auch die Klarheit dessen, worauf es ankommt, des reinen 
Anschauens, fehlte mit den Mitteln, den verwirrenden Prinzipien 
der Älteren und der Erziehung des Publikums, bei seiner eigenen 
Jugend. Sie kam ihm erst als und weil er aus allem zu lernen 
verstand.  
Mit dem Klarsehen und Beherrschen der Mittel wurde 
seine Kunst immer breiter, offener, heiterer. 
Es handelt sich nicht mehr um ein kraft- und kunstvoll 
zusammengezwungenes Zweierlei, nicht mehr um eine poetische 
Auffassung, für deren malerisch gewollten Ausdruck die Mittel 
nicht reichten und die Idee sich nicht allein an das Auge wandte, 
also für die Mittel auch nicht bezwingbar war, selbst wenn sie 
schon in sicherer Hand gestanden wären. Nicht dass er nicht 
damals schon so zielbewusst gerungen hätte, wie heute. Aber 
heute erst ist das damals Gewollte ganz erkennbar geworden in 
schlackenloser Einfachheit und Deutlichkeit: lauter klar dar- 
gestellte, grosse, reine Anschauung eines durch und durch be- 
wussten feinfühligen Malermenschen. 
Die Dumpfheit, von der Heyse singt, war nur die Ahnung 
der Gesetze, die er heute voll und bewusst vertritt. 
Alles Mitmachen, alle Mode hat er von jeher, alle Geschick-a 
lichkeit seit Schack („Seeschlange") direkt vermieden. 
ä S!  
19: 
Er war ein grosses Glück für mich, der erste Böcklin,. 
den ich bei Schack sah. Da konnte man doch noch anteilsvoll 
mitgehen, mit diesem Wollen. 
Alles kräftig, gewagt, jugendlich, liebevoll und voller Leben, 
alles nach einem Ausdruck ringend. Es gab also doch noch 
Erstrebenswertes in der Kunst!
	        
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