„EINFLÜSSE", ENTWICKLUNG, AUTODIDAKT
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können. Der Künstler selbst weiss von solchen auch nichts.
Woher auch sollten sie gekommen sein, zu einer Zeit, wo kaum
jemand in seinem Sinne etwas wollte oder konnte. Nein, er
steht merkwürdig allein, allen geltenden und verlassenen Be-
strebungen widersprechend.
Es wird wohl starken Charakteren immer so gehen, dass
nichts auf sie Einfluss gewinnt, als was gewissermassen ihres
eigenen Geistes ist, von ihnen ebensogut hätte gefunden werden
können. Sie erkennen, was sie stützen kann, weil sie es suchten,
weil es in ihrem Sinne, von ihrem Geiste.
Auf sich wirken lässt das bewusste Talent nur das Ver-
wandte, über die eigenen Ideen Aufklärende, Bestätigende.
Und das fand Böcklin nie bei den Italienern, sondern nur bei
Soweit ich sehe, hat er sich selten imponieren, nie dumm
machen, brauchen oder mitfortreissen lassen, weder von den
Lehrern irgend einer halb- oder ganzkonventionellen Schule noch
gar von einer Ästhetik, sondern ist mit offenen Augen zur Natur
und zu den Alten gegangen, um dort Geistesverwandte zu
suchen. Die Negation der herrschenden Kunstprinzipien, mit
der er begann, war die erste Ausserung seines gewaltigen
Natursinnes. Bei den verwandten Deutschen und Flam-
ländern fand er zuerst dem Ausdruck gegeben, was er in der
Natur sah, und worüber er studierend Klarheit suchte. Da er
sofort auf die Unzulänglichkeit seiner bisherigen Ausdrucks-
mittel für das Gefundene stiess, so ging von Anfang an das
Bedürfnis und bei seiner energischen und positiven Natur das
Suchen nach Flüssigmachung und Erweiterung derselben Hand
in Hand. Das eine lebte in dem andern, beide blieben sein
Leben lang eins, untrennbar verbunden: das Streben nach
immer eindringlicherer Naturwahrheit in Einfachheit und Deut-
lichkeit und die Entwicklung aller irgendwie deutlichen Mittel
und Hilfsmittel. In beiden Beziehungen verschmähte er selbst-
verständlich das Beispiel jener nicht, die vor ihm ähnliche
Ziele erstrebt und zu ihrem Teil in seinen Augen erreicht
hatten. Von irgend einem andern Einliuss auf seine künst-
lerische Individualität war dabei keine Rede.
Dass in ernsthaft koloristischer Beziehung, d. h. Kom-
position durch die Farbe im Florentiner Quattrocento voll-