VARIA 241
Die Kunst in Deutschland (nirgends anderswo) ist gänz-
lich international geworden oder zu werden bestrebt. Am
meisten chic ist Paris. Sie laufen denn auch schon mit Cylin-
dern in die Akademie. Aber das ist gleich, sie haben in Schlapp-
hüten oder wegen der Schlapphüte auch nicht besser gemalt,
und weisse Gamaschen an Händen und Füssen thun's auch nicht.
„Die verachten einen Ingenieur, der eine Lokomotive ver-
bessert und zweckmässig baut, die Malerlackl, denen nichts
einfällt", sagt Ferdinand Barth.
Der Zweck ist die Frucht, sagt der kluge Mensch. Der
Romantiker freut sich an der Blüte. Der Zweck ist ver-
kaufen, sagt der heutige Maler.
Dadurch verderben sich viele Leute ihr Leben, dass sie
von dem abgehen, was sie bei der Seele hatten eines geringen
momentanen Vorteils halber.
Ich möchte so sterben, dass man sagen muss: er hat nicht
nachgegeben, er ist bei der Stange geblieben.
Es ist so schwer, dass jemand ein sicherer Künstler werde!
Kommt er zur rechten Zeit an den richtigen Mann, der ihm
das nötige sagt. . . Wie kommt er über die Weiber weg? . .
Glück, gemeines Glück gehört auch viel dazu. Vom Ererbten,
Anerzogenen etc. ganz abgesehen! J
Über allgemeine Dinge soll und kann der Künstler nicht
urteilen. Dazu hat er keine Zeit, keine Übung, ist er nicht da.
Über seine eigene Sache hingegen, ja. Weil zum Unternehmen
und Durchsetzen einer Arbeit das höchste Selbstvertrauen ge-
hört, muss er wissen, was er macht. Jenes sollen andere thun,
die dies nicht können. Ordnen, vergleichen, abwägen, rechts
und links gerecht sein was geht das ihn an, der alle Kräfte
für eine Vorstellung auf dem Fleck haben muss.
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Floerke, Böcklin. 15