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allerletzt sein Beruf. Er soll die Lebenskraft mit seiner Heiter-
keit stützen, nie sie unterminieren.
Die Stühle stehen leer bei uns. Wer kommt setzt sich
darauf, aus Norwegen oder sonst woher. Das Publikum
mag das Ibsensche „Werk" aufregend finden. Publikum! [Ein
Schlachtfeld ist ja das reinste Tingeltangel dagegen: z. B.
„N0ra". Er ist dumm, sie ist albern diese nordische
Philisterei will uns belehren Aber vom künstlerischen Stand-
punkt aus bringt er das bisschen Heiterkeit, welches er bieten
kann und soll, ja bloss in Misskredit. Wie gesagt: Stütze der
Lebenskraft sei die Kunst und nicht Unterminierung.)
Bei Ibsens Kunst ebensogut wie bei der von Haber-
mann etc. bleibt zuletzt nur ein Arzt mit sieben Brillen
und eine Leichenfrau übrig.
Anstatt dass er mir die Hand giebt und sagt: Komm herauf!
Da ist gute Luft, Blumen und Schmetterlinge, da kannst du in
der Sonne liegen und die Welt vergessen, soweit sie dir Sorge
macht, statt dessen stösst er mich in das Loch zurück:
„so seid ihr, so stinkt's bei euch." a dazu brauch' ich doch
ihn nicht, den Künstler nicht.
Da werd' ich ja lieber Bauer und geh' gleich hinter meinem
Mist her.
Da weiss ich ja, dass das Loch da ist und geh' ihm mein
Lebenlang aus dem Wege. Heiter ist die Kunst, denk' ich
und gehe in den Glaspalast, oder in Ibsens Gespenster,
oder lese Zolas „La terre". Jawohl, da gähnt das Loch, und
überall zeigt mir's der Künstler und kriecht selber hinein in
die Kuhle und zieht mich noch mit!
Da klettert z. B. Begas doch noch vergnügt an seiner
Stange und glaubt daran, dass er den Mond herunterholen
könne an die Phantasie.
Ibsen ist enragierter Böcklinianer. Er sagt, ein Künstler
werde erst da interessant, wo er über seine Kunst hinausgehe
(sehr billig denn Kunst soll Mache heissen).
Solche Sachen wie die von Ibsen gehören an die Univer-
sität. Das ist ein Psychiater oder Irrenarzt, der seinen Beruf
verfehlt hat.