sichtbaren Ausdruck herauszuarbeiten (zusammenzuarbeiten),
das ist Böcklins reichere Kunst. Der Mensch z. B. ist doch
etwas Gewordenes, unter einflussübenden Verhältnissen Ge-
wordenes. Alles das muss man mitsehen. Daher das zottige
tierische Aussehen Böcklinscher Meermenschen. Das Meer soll
öde und bös sein. Aber seine Geschöpfe glatt und geschniegelt!
Müsste er den Kritiker malen, so würde er ihn auch nicht durch
die „Gesetze der Schönheit" glaubwürdig machen können, son-
dern die Einwirkung der verba magistri, der ungelüfteten Stu-
dierstube mit alten Schmökern und schlechter Tabaksluft an ihm
aufweisen. Und das gäbe auch gerade keinen Apollino.
Vielleicht hat es die alten Griechen gefreut so, wie Marees
und folglich Hildebrand und Fiedler meinen, zu bilden.
Aber jede Zeit hat ihre eigene Sache zu sagen, ihre eigene
Kraft und Lust auszusprechen und will auf ihre eigene Art
angeredet werden. Keine philosophische Untersuchung über
die letzten Dinge kann daran etwas ändern.
Alle diese Bienenarbeit Fiedlers bringt uns höchstens
die Herren von Marees und Hildebrand näher. Gletscher-
besteigung Nordpolexpedition, um den veritablen Nordpol
zu finden und zu merken, dass von ihm nichts zu „sehen(' ist.
Fiedler hat einen konzentrierten Menschen vor sich.
Alles Abstraktion. Nicht etwa einen voll Leidenschaft, der
darum auch mal eine Dummheit macht!
Ich halte Fiedlers Ausführungen über den Ursprung der
künstlerischen Thätigkeit etc. schliesslich doch für grundfalsch.
Absolutes Kunstwerk ohne Mitwirkung des sklavischen
Beschauers will er, Anregung des ähnlich Empfindungsfähigen
will ich vom Kunstwerk.
Das vollendetste, innerlichste Kunstwerk bleibt tot ohne
die nachschaffende Mitthätigkeit des angeregten Beschauers,
dessen eigenste Erlebnisse angerufen werden müssen.
Das Kunstwerk muss sich erst der in uns schlummernden
Erinnerungen und Vorstellungen bemächtigen, um dann wie
unser Eigentum zu erscheinen, unser zweifelloses, mühelos und
ganz zu geniessendes Eigentum.
Bruckmann meint, Böcklin sei durchaus Improvisator,
besonders aber den Alten gegenüber, die er doch wiederum als
die einzigen bewussten Maler schätzt. (Pompeji)