Volltext: Zehn Jahre mit Böcklin

 
Seite des Beschauers annehmen, und dann wäre die Geschichte 
wieder nicht richtig. Es gäbe dann ganz andere Lichtkreuzungen. 
Sehr viel feines Studium wird ihm natürlich der Kenner 
nicht abstreiten. 
Wie Engel (Heilige Nacht) durchs Dach steigen  alles 
voller persönlicher Teilnahme  mag er malen wie ein Holz- 
hacker, das ist dem gegenüber gleichgültig. 
Es kann auch so sein: Alles voller Teilnahme. Aber um 
das frisch zu übermitteln (zu erreichen, aufzuweisen) wirft er 
alles andere bei Seite. 
Die Empfindung in den Arbeiten hat mir viel Freude ge- 
macht.  Das Studium doch auch? 
Nein. Davon hat man doch nichts. Darauf geb' ich 
nichts. 
(Es thut mir leid, dass dies nicht Gelegenheit bietet, um 
Fleiss, Studium, jugendlichen Eifer, Gesinnungstüchtigkeit etc. 
festzunageln; wir haben wenig Zeit und Raum und müssen uns 
deshalb darauf beschränken, nur von Kunst zu reden.) 
Wenn man Uhdes Gesamtproduktion ansieht, überkommt 
einen doch eine Idee von grosser Zerfahrenheit, man sieht 
keinen Hintergrund,  Eklektizismus! 
Über das ganze heutige Getriebe ä la Liebermann, Uhde etc. 
muss man weit hinaus kommen, ehe das was werden kann. 
Bartels hat vielleicht schon am meisten wirklich intim Ge- 
schautes in der „neuen" Manier. 
Haider. Ernste, innige Kunst. Aber so sind wir ja nicht 
mehr gewöhnt Kunst zu sehen. Wir leben auf einem jahr- 
markt und sehen da die Bravourstücke der erlernbaren Pinsel- 
fechterei oder des entsagungsvollen Sitzfleisches vor der Natur 
 „denn Gedanken stehn zu fern". Und angenehmer kann 
man es der Menge und sich nicht machen. Was hilft dem 
guten I-Iaider aller Ernst, dass er ein Dinnerlicher" Künstler ist, 
streng und still und damit kraftvoll wie ein alter Venezianer! 
Geh heim, dummer ehrlicher Kerl! Heu? haben die I-larfen- 
schläger und Zithervirtuosen das Wort.  
	        
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